Messi gegen Mbappé. Der Jahrhundertfußballer gegen den vielleicht prägenden Spieler des nächsten Jahrzehnts. Das Endspiel zwischen dem zweimaligen Weltmeister Argentinien und dem Titelverteidiger Frankreich kommt dem schon sehr nahe, was sich Millionen Fußball-Fans weltweit unter einem würdigen WM-Finale vorstellen.
«Es macht mich glücklich, das noch erreichen zu können», sagte Lionel Messi. «Das letzte Spiel meiner WM-Karriere wird ein Finale sein.» Seit mehr als 16 Jahren läuft Argentiniens Superstar dem wichtigsten aller Titel nun schon hinterher. Am Sonntag (16.00 Uhr/ARD und Magenta TV) könnte diese Sehnsucht sich endlich erfüllen.
Doch ganz egal, wie dieses Endspiel im knapp 90.000 Zuschauer fassenden Lusail Stadion ausgeht – ein Gewinner steht schon vorher fest: der WM-Gastgeber Katar. Mehr als 200 Milliarden Dollar ließ sich das kleine Emirat das mit Abstand teuerste Turnier der Fußball-Geschichte kosten. In den beiden Jahren nach der WM-Vergabe 2010 kaufte eine Tochtergesellschaft des katarischen Staatsfonds zudem noch jenen Club, für den Messi und Mbappé gemeinsam spielen: Paris Saint-Germain.
Die Übernahme als solche kostete Qatar Sports Investments (QSI) nur rund 70 Millionen Euro. Doch mit dem Geld aus Katar kaufte PSG seit 2011 noch einmal Stars für mehr als 1,5 Milliarden Euro. Paris, der Touristenmagnet, Messi und Mbappé, die Megastars: Beinahe jedes Investment des Emirats zielt auf globale Aufmerksamkeit und die Bildung enger Netzwerke ab.
Und da die Höhe eines Investments in diesem reichen Land keine Rolle spielt, hat sich das viele Geld für den Fußball aus der Logik Katars heraus spätestens mit diesem Finale am Sonntag gelohnt. «Das ist die beste WM aller Zeiten», sagte Nasser Al-Khelaifi dem Nachrichtensender CNN. Die Medien seien «verliebt in Katar». Als Präsident von Paris Saint-Germain, Chef der europäischen Club-Vereinigung ECA und enger Freund des katarischen Emirs ist Al-Khelaifi längst eine der wichtigsten Figuren des Weltfußballs.
Vereinskollegen bei PSG
Sein Verhältnis zu Mbappé in Paris beschrieb Messi während dieser WM einmal als «anfangs seltsam» und mittlerweile «spektakulär». Der Karriereweg des 23 Jahre alten Franzosen unterscheidet sich an der allerwichtigsten Stelle enorm von der Erfolgsleiter, die Messi und Cristiano Ronaldo jahrelang emporgeklettert sind. Mbappé hat noch nie die Champions League oder die Wahl zum Weltfußballer des Jahres gewonnen, er kann aber am Sonntag schon zum zweiten Mal Weltmeister werden. Den WM-Titel erfolgreich zu verteidigen – das schafften zuletzt die Brasilianer vor genau 60 Jahren.
Messis Karriere gilt wegen des fehlenden WM-Titels noch immer als unvollendet. Aber auch er kann am Sonntag im Alter von 35 Jahren Fußball-Geschichte schreiben. Weltmeister, Kontinental-Meister und Olympiasieger zu sein – das hat seit einer längst vergessenen Generation uruguayischer Spieler in den Jahren 1924 bis 1930 niemand mehr geschafft. Messi und sein ebenfalls lange für PSG spielender Freund Ángel Di María wären im Fall eines Finalsiegs gegen Frankreich die Ersten, denen dieses Triple wieder gelingt.
Die Südamerika-Meisterschaft und auch die Europameisterschaft im vergangenen Jahr sind ohnehin sehr wichtig für das Verständnis, warum genau Argentinien und Frankreich anderthalb Jahre später das WM-Endspiel haben. Die Argentinier gewannen 2021 ihr Finale in Brasilien gegen Brasilien. Danach wurde eine emotionale Kabinenansprache von Messi öffentlich, die jedem vor Augen führte, was ihm in seiner Heimat jahrelang abgesprochen wurde: seine Bedeutung für dieses Team und seine Identifikation mit dem Team.
«Mit dem Gewinn der Copa América ist etwas von ihm abgefallen. Bei ihm und dieser ganzen Generation, die zwei Copa-Endspiele und eine Weltmeisterschaft verloren hatte», sagte Trainer Lionel Scaloni der «Süddeutschen Zeitung».
Diese WM in Katar ist bislang viel mehr Messis WM als sie Mbappés WM ist – auch wenn beide die Torschützenliste mit jeweils fünf Treffern gemeinsam anführen. Der Argentinier hat noch eine letzte Mission, aber er wirkt auch sehr gelassen dabei. «Was ich sagen kann, ist: Ich genieße das hier sehr. Ich fühle mich sehr gut und ich fühle mich stark genug, um jedes Spiel anzugehen.»
Die Franzosen hatten im vergangenen Jahr ebenfalls ein Schlüsselerlebnis, als sie als Weltmeister im EM-Achtelfinale nach einer 3:1-Führung noch an der Schweiz scheiterten. Trainer Didier Deschamps trieb ihnen seitdem die Überheblichkeit aus. Und dass zu den vielen Verletzten im Vorfeld dieser WM auch die besonders teamintern sehr polarisierenden Paul Pogba und Karim Benzema gehörten, war für die Stimmung in der Kabine eher kein Nachteil.
Besonders Benzema und Mbappé haben sich noch nie gut verstanden. Die Rolle desjenigen, um den sich alles dreht und für den selbst hochdekorierte Mitspieler wie Antoine Griezmann im Zweifelsfall die Drecksarbeit erledigen, hat nun Mbappé allein.
Und so lässt Trainer Deschamps auch keinen Zweifel daran, dass in diesem WM-Finale «die Schlüsselspieler den Unterschied machen müssen. Wir wollen Messis Einfluss begrenzen. Und natürlich wird Argentinien versuchen, den Einfluss einiger meiner Spieler zu begrenzen», sagte er. Wahrscheinlich werde am Ende das Team gewinnen, das bei dieser großen Herausforderung «weniger Fehler macht».
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Argentinien: 23 E. Martinez – 26 Molina, 13 Romero, 19 Otamendi, 8 Acuna – 7 de Paul, 5 Paredes, 24 Fernandez, 20 Mac Allister – 10 Messi, 9 Alvarez
Frankreich: 1 Lloris – 5 Koundé, 4 Varane, 18 Upamecano, 22 Theo Hernández – 8 Tchouameni, 14 Rabiot – 11 Dembélé, 7 Griezmann, 10 Mbappé – 9 Giroud
Schiedsrichter: Szymon Marciniak (Polen)