Mit dem großen WM-Ziel im Hinterkopf treibt Hansi Flick sein Katar-Casting voran und will sich auch von der Impfdebatte um Joshua Kimmich nicht ablenken lassen.
Zum Jahresabschluss in der WM-Qualifikation dürfen sich Neuling Lukas Nmecha sowie die Rückkehrer Julian Brandt, Julian Draxler und Christian Günter im XXL-Kader des deutschen Fußball-Nationalteams beweisen. Mats Hummels fehlt hingegen wieder. «Wir erwarten, dass die Mannschaft genauso wie in den fünf Spielen zuvor diese Mentalität zeigt und die Gier, Tore zu erzielen», sagte Flick der Deutschen Presse-Agentur.
Der Bundestrainer berief für die sportlich weniger bedeutsamen Partien am 11. November in Wolfsburg gegen Liechtenstein und drei Tage später in Eriwan gegen Armenien insgesamt 27 Profis, darunter vier Torhüter um Kapitän Manuel Neuer. Das WM-Ticket hatte die DFB-Auswahl bereits Anfang Oktober gelöst – jetzt richtet sich der Blick auf die Endrunde in gut zwölf Monaten.
Zwei Siege als Ziel
«Unsere Idee war, in diesem Jahr noch einmal den ein oder anderen dazuzunehmen, um ihn noch einmal zu sehen, wie er sich in der Mannschaft, in der Gruppe gibt. Aber natürlich auch auf dem Trainingsplatz», sagte Flick. «Wir haben für uns die Chance gesehen. Wir haben dann vier Monate kein Spiel.» Das Nationalteam wolle sich «mit zwei Siegen aus dem Jahr verabschieden».
Der Dortmunder Brandt (25) und Paris-Profi Draxler (28) gehören erstmals seit Herbst 2020 wieder zum DFB-Kader – in der jungen und hochkarätig besetzten DFB-Offensive müssen beide um ihre Plätze kämpfen. Viele Gelegenheiten kommen nicht mehr. «Julian Draxler genießt in Paris wirklich hohe Wertschätzung. Bei Julian Brandt ist es so, dass er in den letzten Spielen eine gute Entwicklung gemacht hat», sagte Flick, der mit den beiden Trainern Marco Rose (BVB) und Mauricio Pochettino (PSG) in engem Kontakt stehe.
Auch der Freiburger Günter war von Flick bislang nicht nominiert worden, der 28-Jährige gehörte unter Joachim Löw ohne Einsatz zum EM-Kader im Sommer. «Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich würde mich nicht freuen», hatte der Linksverteidiger kurz vor der Nominierung der Deutschen Presse-Agentur gesagt.
Hummels noch nicht dabei
BVB-Abwehrchef Hummels soll sich dagegen weiter gedulden. Der 32-Jährige sei schon «nahe an 100 Prozent» seines Leistungsvermögens, sagte Flick. Zunächst sei aber eine Pause noch besser. Wenn der Innenverteidiger wieder komplett fit sei, «wissen wir alle, dass er jeder Mannschaft weiterhilft», sagte Flick. «Letztendlich ist es stimmig – seine Einschätzung und unsere Einschätzung.» Sein Comeback nach Verletzungspause gibt Ilkay Gündogan (31/Manchester City).
Der FC Bayern entsendet erwartungsgemäß mit acht Profis um Neuer (35) und Joshua Kimmich (26) den stärksten Block. Dass die Impfdebatte um den bislang nicht vor Corona geschützten Kimmich für dessen Einsätze im DFB-Team keine Rolle spielen soll, hatte DFB-Direktor Oliver Bierhoff unter der Woche angekündigt. Flick verteidigte Kimmich in einem Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Gleichzeitig äußerte der Bundestrainer aber die Hoffnung, dass sich alle Fußball-Nationalspieler gegen das Coronavirus impfen lassen.
«Ich bin geimpft. Und ich habe auch die DFB-Impfkampagne ‚Schiri, ich hab’ schon Gelb‘ aus Überzeugung unterstützt. Optimal wäre, wenn jeder Spieler bei uns geimpft wäre», sagte Flick. Den öffentlichen Umgang mit Bayern-Profi Joshua Kimmich nach dessen öffentlichem Bekenntnis, noch nicht geimpft zu sein, verurteilte Flick scharf.
Vierter Debütant unter Flick?
«Für mich werden Grenzen überschritten, wenn Menschen beleidigt und in eine bestimmte Ecke gestellt werden, in die sie nicht gehören. Auch wenn Jo nicht geimpft ist, ist er kein Corona-Leugner. Er gehört nicht zu Querdenkern und Verschwörungstheoretikern. Wer Jo kennt, der weiß, wie er tickt», sagte der 56-Jährige. Er selbst habe sich erst nach Gesprächen mit Ärzten seines Vertrauens zur Impfung entschlossen.
Nmecha (22) könnte bei einem Einsatz der vierte Debütant in der noch kurzen Amtszeit des Bundestrainers werden. Der Wolfsburger sei «technisch auf einem guten Niveau, er ist viel unterwegs und beweglich», sagte Flick. «Er versucht immer wieder, Räume zu schaffen. Er ist ein bisschen ein anderer Spielertyp als die, die wir derzeit haben.» Zuletzt saß Flick live im Stadion, als der Stürmer beim VfL ansprechende Leistungen zeigte.
Der Bundestrainer hatte bereits dem Salzburger Karim Adeyemi (19), Florian Wirtz (19/Bayer Leverkusen) und dem Hoffenheimer David Raum (23) zum ersten Einsatz verholfen. Das Trio ist ebenso wieder dabei wie Günters Teamkollege Nico Schlotterbeck, der noch auf sein erstes Spiel im DFB-Trikot wartet.