Der russische Fußball hat noch Freunde. Bischkek, die Hauptstadt Kirgistans, liegt fast 3000 Kilometer von Moskau entfernt und soll an diesem Samstag Schauplatz sein für das erste Testspiel des international isolierten WM-Gastgebers von 2018 seit dem Überfall auf die Ukraine im vergangenen Februar.
«Es ist wichtig zu zeigen, dass wir leben», sagte Nationaltrainer Waleri Karpin, dessen Nationalteam sich im Trainingszentrum von Nowogorsk auf die Reise in die ehemalige Sowjetrepublik vorbereitet. Viel dringt nicht nach außen.
Fotos vom Training im Flutlicht und Meldungen über verletzte Profis (Igor Diwejew kann nicht mitspielen) bilden eine Normalität ab, die aus westlicher Sicht nicht normal sein kann. Von den Wettbewerben der Europäischen Fußball-Union UEFA und des Weltverbands FIFA ist das russische Nationalteam ausgeschlossen. Der einst enorm einflussreiche russische Verband RFS, der nach einer Entscheidung vom 20. September im Gegensatz zu Belarus nicht an der Auslosung der Qualifikation zur EM 2024 in Deutschland teilnehmen darf, versucht aber die Rückkehr auf die Fußballbühne durch die Hintertür. In der heimischen Premjer-Liga wird ohnehin ohne jede Einschränkung gespielt.
Partner für Testspiele gibt es auch weiterhin
Kirgistan sowie WM-Teilnehmer Iran im November stehen als Testspielgegner fest, um eine kurz vor der WM in Katar angesetzte Partie gegen Bosnien-Herzegowina gibt es derzeit große Verwerfungen. Die Starspieler der nach St. Petersburg eingeladenen Gäste um den früheren Bundesliga-Profi Edin Dzeko haben ihre Weigerung angekündigt, in Bosnien werden innenpolitische Diskussionen geführt. Der ukrainische Fußball beobachtet die Entwicklung mit großer Sorge.
«Dringend» forderten die großen Namen des ukrainischen Verbands um Andrij Schewtschenko und Oleh Blochin den bosnischen Trainerstab zum Boykott auf. «Wir kämpfen für die Zukunft der gesamten demokratischen, zivilisierten Welt, zu der auch Bosnien und Herzegowina gehört», steht in einem offenen Brief. Die Partie der Ukrainer in der WM-Qualifikation Mitte November 2021 in Zenica war die letzte vor der russischen Invasion.
In Russland ist die Empörung groß, dass überhaupt diskutiert wird. «Unter den aktuellen Bedingungen ist es schon ein Erfolg, gegen Kirgistan zu spielen», äußerte Karpin. Der Duma-Abgeordnete Dmitri Pirog von der Kremlpartei Geeintes Russland beklagte im Gespräch mit der Zeitung «Sport-Express» wieder «antirussische Gefühle». Soll der Verband doch Gegner aus Lateinamerika oder Afrika einladen. «Das Niveau solcher Mannschaften wie Chile, Kolumbien, Ecuador, Nigeria oder Kamerun steht Bosnien in nichts nach. Ich sehe keine Tragödie im Falle einer Absage des Spiels mit Bosnien.»
EM-Teilname von Russland 2024 mehr als ungewiss
Die UEFA teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, Freundschaftsspiele seien nicht Teil der UEFA-Wettbewerbe und fielen deshalb nicht in die Verantwortlichkeit des Verbandes. Das angedachte Bosnien-Spiel stehe «nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des UEFA-Exekutivkomitees, russische Mannschaften von UEFA-Wettbewerben auszuschließen». Der RFS teilte noch vor der UEFA selbst mit, wegen der Sanktionen nicht an der Quali-Auslosung für die Endrunde 2024 am 9. Oktober in Frankfurt/Main teilzunehmen. Vor vier Jahren hatten die Russen die WM als große Show für Präsident Wladimir Putin ausgerichtet.
Das UEFA-Entscheidergremium tagte auf der kroatischen Insel Hvar. Ob Russland in jedem Fall auch von der Endrunde in zwei Jahren ausgeschlossen ist, ließ der Verband offen. Zunächst ging es in der Mitteilung zur Sitzung nur um die Teilnahme «an der Auslosung des Qualifikationswettbewerbs», der im März 2023 beginnt.
Weil nur die Mannschaften, nicht aber der russische Verband suspendiert sind, gehört auch Alexander Djukow, der ehemalige Vorsitzende von Zenit St. Petersburg noch zum UEFA-Exko. Das ukrainische Mitglied Andrij Pawelko war beim UEFA-Kongress Mitte Mai in Wien in Schutzweste und nahe an einem Bombenkrater stehend nur per Video zugeschaltet.
Der britische «Guardian» berichtete zuvor von einem Schreiben des russischen Verbands an die UEFA mit der Forderung, den ukrainischen Nationaltrainer Olexander Petrakow zu sperren. Petrakow hatte der Zeitung in einem Interview im April gesagt: «Ich dachte, wenn sie nach Kiew kommen, nehme ich eine Waffe und verteidige meine Stadt». Die Duma-Abgeordnete Swetlana Schurowa reagierte empört und forderte: «Das ist ein Aufruf zum Töten. Dafür sollte es eine strafrechtliche Verfolgung geben.»