Timo Werner hatte auch bei der Ehrenrunde nach dem erlösenden Fünf-Tore-Spektakel gegen Italien noch diesen schlurfenden Gang.
Nimm doch mal die Füße hoch, würden besorgte Teenager-Eltern bei diesem Anblick ihrem Filius sicher zurufen. Werner, 26, ist diesem Alter längst entwachsen und würde auch solch einer Kritik nun wieder besser begegnen können. Er kann ja leichtfüßig sprinten, er kann ja auch wieder Tore schießen.
«Tore sind immer gut für einen Stürmer. In meinem Fall doppelt und dreifach, wenn man nach jedem Spiel angezählt wird und in der Kritik steht», sagte der Fußball-Nationalspieler nach seinem Doppelpack beim 5:2-Kantersieg gegen den Europameister in Mönchengladbach im ZDF-Interview. Einen anerkennenden Klaps von Italiens Torwart-Hüne Gianluigi Donnarumma hatte er sich da schon abgeholt. «Wir freuen uns über den Timo», sagte Bundestrainer Hansi Flick.
Tore sichern Akzeptanz
Werner musste in den vergangenen Monaten für ein deutsches Dilemma herhalten. Den klassischen Neuner, den Brecher im Strafraum, hat der nationale Fußball nicht. Werner trägt die Neun auf dem Rücken. Er ist der offensive Platzhalter für eine Vakanz. Dass sein Spiel ein anderes ist, wird nur akzeptiert, wenn er Tore liefert.
«Es ist wichtig, dass die Spieler ein Vertrauen spüren. Wir haben den Spielern das auch so vermittelt», sagte Flick über seine offensiven Sorgenkandidaten Werner, Leroy Sané und Serge Gnabry, die alle ihre persönliche Formkrise durch den Länderspiel-Viererpack der Nations League schleppten und gegen Italien alle aufsteigende Form erkennen ließen. Sané immerhin mit viel Engagement, der eingewechselte Gnabry mit zwei Torvorlagen.
Bilanz spricht Bände
Und Werner wieder als Vollstrecker, wenn auch mit Anlaufschwierigkeiten. Immer wieder war ein Raunen durch den Borussia-Park gegangen, wenn ihm vor seinem Doppelpack ein Ball versprang, eine Aktion misslang. Die Fans schwankten zwischen Ungeduld und Mitgefühl. Werner steht einfach immer unter besonderer Beobachtung.
Seine Bilanz unter Flick als Bundestrainer ist dennoch blendend. Acht Tore in elf Spielen. Keiner traf häufiger. Da gäbe es doch wenig zu mäkeln. Aber die vergangenen Monate waren zäh für den Schwaben. Beim FC Chelsea lief es gar nicht. Nur vier Saisontore beim Londoner Top-Club, meist im Schatten von DFB-Kumpel Kai Havertz, und auch im DFB-Trikot im WM-Jahr 2022 nur ein dürftiger Treffer gegen Israel.
«Dass ich gerade nicht der bin, der ich vor einiger Zeit noch war, ist vielleicht auch klar, nach den letzten Wochen und Monaten im Verein», gestand Werner. Ein bisschen Sommerleichtigkeit wird dem ehemaligen Leipziger gut tun. Noch ist nicht klar, ob er überhaupt bei Chelsea bleibt. Sein Vertrag dort läuft noch drei Jahre. Eine dauerhafte Einsatzperspektive wäre aber wichtig Richtung WM. «Es würde sich keiner beschweren, wenn die Topform im Oktober, November wieder kommen wird», sagte Werner.