Urs Fischer zischte leise «Sebastian», die Lobeshymnen seines Amtskollegen konnte der stets mahnende Trainer des 1. FC Union Berlin aber nicht verhindern.
«Ich glaube, keiner fährt so richtig gern hierher», sagte Sebastian Hoeneß nach dem 1:2 seiner TSG 1899 Hoffenheim in Köpenick, wo bei den Fans längst die großen Träume vom Europapokal wachsen. «Es ist auf jeden Fall eine Mannschaft, die extremst schwer zu bespielen ist für alle Mannschaften in der Bundesliga», betonte Hoeneß, nachdem sein Blick kurz abwartend und prüfend zu Fischer gegangen war.
Union-Trainer hält den Ball flach
Denn der Schweizer hört das mit dem Europapokal einfach (noch) nicht so gern – selbst wenn der Hauptstadt-Club noch nie so gut dastand wie jetzt. «Dafür liegt uns der Trainer zu sehr in den Ohren. Er predigt uns, wo wir herkommen – vor drei Jahren haben wir hier noch Zweitligafußball gesehen», berichtete Unions neuer Goalgetter Grischa Prömel über den Coach, für den weiterhin der Kampf gegen den Abstieg oberste Priorität hat.
Union schloss durch den von 3000 Zuschauern gefeierten achten Saisonsieg nach Punkten mit 31 Zählern aber sogar zu den Kraichgauern auf, Platz fünf in der Tabelle der Fußball-Bundesliga. Davor stehen nur noch die Bayern (46), die als einzige die Unioner in deren vergangenen 26 Heimpartien geschlagen haben, Borussia Dortmund (40) und Bayer 04 Leverkusen (32). Es sei erstaunlich, wie stabil und auf welch hohem Niveau die Mannschaft spiele, betonte Hoeneß: «Da muss man jetzt schauen, wo das hinführt. Hoffentlich auf jeden Fall einen Platz hinter uns.»
In der Aufstiegssaison 2019/2020 hatten die Unioner nach 19 Spieltagen 23 Punkte als Elfter, vor einem Jahr waren es bereits 29 und die Mannschaft aus Köpenick lag zu dem Zeitpunkt auf dem achten Rang. Und nun noch mal eine Verbesserung.
Dass Fischer unter anderem auf den abgewanderten Vizekapitän Marvin Friedrich verzichten musste, dass Torjäger Taiwo Awoniyi beim Afrika-Cup seinen ersten Treffer bejubeln konnte, aber Union fehlte – egal. Dafür sprangen Spieler wie Prömel ein, der eine Woche nach seinem Doppelpack wieder traf. Oder Sheraldo Becker, mit dessen Einwechslung der entscheidende Schub kam. Zuvor hatte Timo Baumgartl ins eigene Tor getroffen und Hoffenheim in der 16. Minute in Führung gebracht. Andreas Voglsammer (22.) gelang aber zügig der Ausgleich.
Nun im Pokal gegen Stadtrivalen Hertha
Derart gestärkt treten die Unioner am Mittwoch die rund 30 Kilometer lange Dienstreise zum Pokal-Achtelfinale beim Hauptstadtkonkurrenten an. Die Hertha mit ihrem Trainerverschleiß wäre so gern dort, wo die Unioner mit ihrem Aufstiegscoach in der Bundesliga rangieren. Die Realität bei der Hertha war aber eine Nullnummer bei der Krisenmannschaft VfL Wolfsburg. Der Rückstand auf den Ost-Rivalen beträgt mittlerweile neun Punkte und acht Plätze.
Es sei ihm «relativ scheißegal», wie viele Tore fallen würden, sagte Herthas Niklas Stark mit Blick auf das prestigeträchtige Cup-Duell: «Hauptsache wir gewinnen das Spiel und können den Fans und uns ein Geschenk machen.» Käme zu einem guten Zeitpunkt, denn vier Tage später empfangen die Herthaner den FC Bayern. «Das wird eine spannende Woche.» Wohl wahr!