Trainingstag eins für Tayfun Korkut bei Hertha BSC: Es stürmt, es ist grau. Nach der Ansprache in der Kabine geht es mit etwas Verspätung auf den Trainingsplatz in Sichtweite des mächtigen Berliner Olympiastadions.
Um 14.15 Uhr betrat die Mannschaft des Tabellen-14. der Fußball-Bundesliga geschlossen den Schenckendorff-Platz. Nur als Einheit kann und will das wankelmütige Team den Kampf gegen das dauerhafte Nichterfüllen der hohen Ansprüche des «Big-City-Clubs» erfolgreich schaffen und die Saison nicht zum Zitterspiel mit bösem Ausgang werden lassen. Korkut soll den Weg zeigen.
Und damit fing er am Dienstag an. Erklärende Worte vor jeder Übung, zwischendurch griff der 47 Jahre alte ehemalige türkische Nationalspieler auch mal lautstark ein. Viel Zeit bleibt nicht: Am Sonntag muss die Hertha, die nun schon seit vier Spielen auf einen Sieg in der Meisterschaft wartet, beim VfB Stuttgart antreten.
«Einfache Dinge außergewöhnlich gut machen»
Für Korkut, aber auch für Geschäftsführer Fredi Bobic, der mit der Trennung von Pal Dardai am Montag für ein zu dem Zeitpunkt dann doch überraschendes Ende der Vereinsikone auf dem Trainerstuhl sorgte, eine besondere Partie. Korkut und Bobic haben eine Stuttgarter Vergangenheit.
Doch beim Trainerverschleißverein der Hertha zählt jetzt nur die Gegenwart. «Es geht darum, die einfachen Dinge mit dem nötigen Pragmatismus außergewöhnlich gut zu machen», erklärte Korkut. «Ich liebe gepflegten Fußball, aber als Trainer agiert man auch ein stückweit wie ein Chamäleon und muss sich der Mannschaft immer wieder anpassen, um zusammen erfolgreichen Fußball spielen zu können.»
Der erhoffte Aufschwung blieb unter Dardai aus
Hurra-Fußball mit hohen Attraktivitätsfaktor war unter Dardai nun wahrlich kein Markenzeichen des Clubs, der in den seit der ersten Trennung von Dardai im Sommer 2019 Ante Covic, Jürgen Klinsmann, Alexander Nouri, Bruno Labbadia und dann noch mal Dardai auf dem Trainerposten hatte. Der erhoffte Aufschwung der schon lange um ihr Image kämpfenden Hertha und der Traum von internationalen Rängen blieben trotz 375 Millionen Euro Investoren-Zahlungen von Lars Windhorst aus. Während Rivale Union nicht nur das Derby gewann, sich als Stadtmeister feiern lassen durfte, und auch noch in der Conference League mitspielt, trennt die Hertha nur noch ein Punkt vom Relegationsplatz.
Bobic: «Die Mannschaft ist jetzt in der Pflicht»
«Die Mannschaft ist jetzt in der Pflicht. Das werden sie auch von mir hören», hatte Bobic vor der ersten Einheit unter dem neuen Coach angekündigt. Eine gute Stunde dauerte das Training, dann verließen die Spieler nach und nach den Platz. Übrig blieb noch Korkut, der sich mit Kapitän Dedryck Boyata unterhielt. Auf den 31 Jahre alten Belgier wird es besonders ankommen, der Mannschaft Stabilität zu geben, er fehlte zuletzt als Abwehrchef drei Spiele wegen einer Rotsperre.
«Tayfun ist jemand, der in der Lage ist, sich in ein Team reinzudenken und seine Idee vom Fußball in Zwischenschritten den Spielern anzupassen», erklärte Bobic auch seine Entscheidung für Korkut, der seit seinem vorzeitigen Aus bei Bayer 04 Leverkusen im Oktober 2018 keine Anstellung hatte. Allzu langfristige Jobs hatte er auch davor nicht, der Vertrag bei der Hertha ist zunächst bis zum Ende dieser Saison befristet.