Knapp sechs Wochen nach der am letzten Spieltag verspielten Meisterschaft nimmt Borussia Dortmund einen weiteren Anlauf auf den Titel. Doch bis zum Start der neuen Saison wartet nicht nur auf Fußball-Lehrer Edin Terzic und das Team noch viel Arbeit. Ebenso ist auch Sebastian Kehl mächtig gefordert.
Nach bisher acht Abgängen und erst zwei Neuverpflichtungen bleibt der Handlungsbedarf für den Sportdirektor bei der Zusammenstellung des neuen Kaders groß. Zudem trägt die Diskussion über die umstrittene Verpflichtung von Felix Nmecha nicht gerade zu einer Aufbruchstimmung bei.
Wirbel um Nmecha
Besorgt über die kritische Reaktion vieler Fans, die zwei von Nmecha geteilte und schnell wieder gelöschte Posts in sozialen Medien als homophob und queerfeindlich bezeichnet hatten, ging die Vereinsführung in die Offensive. In der Mitteilung zum Transfer versicherten Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Präsident Reinhold Lunow, der 22 Jahre alte und rund 30 Millionen Euro teure Mittelfeldspieler vom VfL Wolfsburg habe sie «in intensiven Gesprächen absolut davon überzeugt, dass er kein transphobes oder homophobes Gedankengut in sich trägt».
Und auch Nmecha selbst versuchte zu beruhigen: «Ich glaube, dass einige Dinge aus dem Kontext gerissen wurden. Ich bin Christ, liebe alle Leute und diskriminiere niemanden. Ich hoffe, dass die Fans mir die Chance geben, um mich kennenzulernen.»
Bei so viel Aufregung stand Nmecha beim Vorbereitungsstart am Mittwoch im Mittelpunkt des medialen Interesses. Auf den zweiten BVB-Neuzugang Ramy Bensebaini muss Terzic jedoch vorerst noch warten. Der ablösefrei aus Mönchengladbach verpflichtete Linksverteidiger (28) wird nach seinem Einsatz für die algerische Landesauswahl im Juni erst am 15. Juli erwartet. Ähnliches trifft auf fast ein Dutzend anderer Nationalspieler aus dem BVB-Kader wie Emre Can, Julian Brandt und Marius Wolf zu.
Schwerwiegende Abgänge
Vor allem die Abgänge von Jungstar Jude Bellingham (Real Madrid) und Scorer-Garant Raphael Guerreiro (Bayern München) wiegen schwer. Eigentlich sollte Edson Álvarez helfen, diesen Qualitätsverlust zu kompensieren. Doch der geplante rund 40 Millionen Euro teure Königs-Transfer des mexikanischen Nationalspielers von Ajax Amsterdam kam nach zuvor angeblich aussichtsreichen Verhandlungen nicht zustande. Einen Bericht der «Sport Bild», wonach sich vor allem Trainer Terzic in der vergangenen Woche gegen die Verpflichtung des 25-Jährigen ausgesprochen haben soll, ließ der BVB umkommentiert. Gleichwohl geht die Suche nach einem zweikampfstarken defensiven Mittelfeldspieler weiter. Für den Fall, dass Thomas Meunier den Verein wie angedacht verlässt, wird Kehl auch nach einem Rechtsverteidiger Ausschau halten müssen.
Anders als im vergangenen Sommer, als der Sportdirektor mit den Verpflichtungen von Niklas Süle, Nico Schlotterbeck, Karim Adeyemi und Salih Özcan schon früh für viel beachtete Ausrufezeichen sorgte, muss Kehl derzeit mit Schlagzeilen über einen Transferstau leben. Es passt ins Bild, dass es auch auf der Abgänge-Seite mit Kandidaten wie Meunier, Thorgan Hazard und Nico Schulz momentan wenig Bewegung gibt.
Weiterhin ungeklärt ist zudem die Kapitänsfrage. Hartnäckig halten sich Gerüchte, wonach der bisherige Spielführer Marco Reus vor seinem möglicherweise letzten Profijahr das Amt zur Verfügung stellt. Traditionell entscheidet Terzic im letzten Drittel der Vorbereitung über die Besetzung des Mannschaftsrates. Als Favoriten auf eine mögliche Reus-Nachfolge werden Nationalspieler Can und Torhüter Gregor Kobel gehandelt.