Der renommierte Sportanwalt Thomas Summerer (62) hält die Schritte der Behörden in Italien gegen die Fans von Eintracht Frankfurt für nicht verhältnismäßig.
«Einschränkende Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung müssen sich an einen strengen Rahmen halten. Hier mag zwar angesichts der Randale im Hinspiel die Gefahr bestehen, dass es auch im Rückspiel zu Ausschreitungen kommt. Diese lediglich abstrakte Gefahr halte ich nicht für ausreichend, um damit ein pauschales Ticketverbot zu rechtfertigen», sagte Summerer der Deutschen Presse-Agentur.
«Eine abstrakte Gefahr besteht nämlich bei vielen Spielen. Außerdem ist das Verbot nur bedingt geeignet, Randale zu vermeiden, da ein großer Teil der Fans nicht in Frankfurt, sondern im Umland wohnt. Es dürfte zudem eine Diskriminierung darstellen, ausländische Fans aus Frankfurt auszuschließen, während gewaltbereite Fans konkurrierender italienischer Mannschaften unbehelligt bleiben», führte Summerer aus. «Der italienische Staat hat dieselbe Ordnungs- und Schutzaufgabe gegenüber allen Zuschauern, unabhängig von deren Nationalität.»
Ticket-Verkaufsverbot
Auslöser der Debatte war das Ticket-Verkaufsverbot an Menschen aus der Stadt Frankfurt vor dem Champions-League-Spiel der Eintracht bei SSC Neapel an diesem Mittwoch. «Das Ticketverbot für Fans, die in Frankfurt wohnen, ist ein Verstoß gegen europäisches Recht. Faktisch bedeutet es ein Einreisehemmnis nach Italien, da der Besuch des Spiels ja gerade der Grund der Reise ist. Verletzt ist die sogenannte passive Dienstleistungsfreiheit. Danach dürfen auch die Empfänger von Dienstleistungen, also die Zuschauer einer Sportveranstaltung, durch einen Mitgliedstaat grundsätzlich nicht an der Einreise gehindert werden», erklärte Summerer.
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit seien im Rahmen der Deeskalation mildere Mittel zu ergreifen, beispielsweise Trennung der Fans nach Ankunft auf dem Weg ins Stadion, Polizeieskorten oder Videoüberwachung.
«Der Ausschluss von Frankfurter Fans widerspricht auch den Regularien der UEFA, wonach ein Teil der Karten Auswärtsfans zugeteilt werden muss, nicht zuletzt deshalb, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden», sagte Summerer, der von 2001 bis 2007 Direktor Recht und Personal bei der Deutsche Fußball Liga und dort als Chefjustiziar die DFL-Rechtsabteilung aufbaute. Summerer ist außerdem Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportrecht. Er vertritt Sportvereine, Verbände, Sponsoren und namhafte Profisportler.
Für Fans sieht er es als schwierig an, Ansprüche geltend zu machen. «Grundsätzlich sind bei Stornierungen Schadensersatzansprüche denkbar, aber schwer durchzusetzen, da man ein Gericht davon überzeugen muss, dass das Ticketverbot nicht gerechtfertigt werden kann», sagte Summerer.