Gregor Kobel suchte nach seinem Mega-Patzer nicht nach Ausreden. Der BVB-Torwart übernahm die Schuld am ersten Tor der Bayern und damit auch die Hauptverantwortung für die erste Dortmunder Liga-Niederlage 2023.
«Keine Ahnung, wie der Ball da durchgerutscht ist. Schöne Scheiße, das muss man einfach so sagen», stöhnte der 25-Jährige nach dem 2:4 (0:3) im Topspiel der Fußball-Bundesliga. «Das geht ganz klar auf mich», sagte der Schweizer nach seinem Blackout zur Unzeit.
Kobel wusste, dass sein Fauxpas in der 13. Minute die Schlüsselszene eines Spiels war, das danach im nächsten Untergang der Borussia in München endete. «Es fängt mit mir an, dass ich am Ball vorbei trete. Da haben wir einen Knick im Spiel gehabt», sagte der größte unter lauter BVB-Verlierern. Einen harmlosen langen Ball von Bayerns Dayot Upamecano wollte Kobel außerhalb des Strafraums mit dem rechten Fuß wegschlagen. Er schlug ein Luftloch, der Ball hoppelte unter dem Gejohle der Bayern-Fans ins Tor.
Eigentor vor Neuers Augen
Kobel schlug die Arme über dem Kopf zusammen und blickte fassungslos ins weite Rund der Allianz Arena. Im Unterrang der Haupttribüne zählte auch der verletzte Bayern-Kapitän und Nationaltorhüter Manuel Neuer zu den staunenden Bobachtern. Da Kobel den Ball wohl noch hauchzart touchiert hatte, wurde die völlig missglückte Aktion als Eigentor gewertet.
Für Kobel war es ein eigenartiges Déjà-vu. Ein ähnlicher Fehler war ihm beim 0:2 in der Hinrunde bei Union Berlin passiert – ebenfalls direkt nach einer Verletzungspause. «So Tage, so Szenen gehören für mich persönlich leider dazu. Das ist das Leid des Torhüters. Wenn so was passiert, ist sofort Alarm. Ich muss versuchen, daraus zu lernen und im nächsten Spiel wieder da zu sein», kommentierte der Pechvogel: «Es tut mir leid für die Mannschaft.»
Vorwürfe aus dem Team oder von seinen Chefs gab es freilich nicht – im Gegenteil. «Er hat uns in dieser Saison so oft den Arsch gerettet, deswegen können wir nicht sauer sein», sagte Nationalspieler Emre Can. Trainer Edin Terzic hielt ein Plädoyer für seine Nummer eins. «Wir dürfen nicht vergessen, dass dieser Mann der Grund ist, dass wir als Tabellenführer antreten konnten. Gregor ist vielleicht der mit Abstand beste Torhüter dieser Saison in der Bundesliga.»
Sportdirektor Sebastian Kehl bemerkte zum Umgang mit Kobel: «Da gibt es einen Klaps, dann guckt man sich in die Augen und weiß, was los ist. Er wird sich am meisten ärgern. Wir brauchen Gregor. Er wird das in den nächsten Wochen wieder gutmachen, davon bin ich sehr überzeugt.»
Auch Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der wegen einer Erkrankung beim Spiel in München nicht dabei war, stärkte auch Kobel den Rücken. «Greg wird uns die nächsten Spiele wieder gewinnen. Es geht weiter. Und zwar am Mittwoch», sagte der 63-Jährige vor dem Pokal-Viertelfinale bei RB Leipzig am Mittwoch (20.45 Uhr/Sky und ZDF) den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Kehl: «Stehen wieder auf»
Kehl gab auch den Titelkampf mit dem FC Bayern keineswegs verloren. «Wir sind Borussen, wir stehen wieder auf – und das Ding ist noch nicht erledigt», sagte der 43-Jährige trotzig: «Es ist ein bitterer Tag, der tut weh. Aber die Meisterschaft ist heute noch nicht entschieden worden. Wir haben noch fünf Heimspiele und drei Auswärtsspiele.»
Auch Terzic gab sich kämpferisch: «Wir fahren mit einer Portion Wut nach Hause. Aber dann werden wir uns die Tabelle anschauen und sehen, es sind zwei Punkte Rückstand auf die Spitze.» Und auch Watzke sieht das Titelrennen noch lange nicht entschieden. «Wir geben nicht auf, dazu gibt es keinen Anlass. Der Weg ist noch nicht zu Ende», sagte der BVB-Boss.
Auch für Kobel «ist noch nichts verloren», auch wenn ihm Optimismus am Ende seines Frust-Arbeitstages schwerfiel. «Man ist jetzt geknickt. Wenn man da fünf Minuten nach dem Spiel sagt, hey, let’s go, weiter geht’s, ist das ein bisschen früh. Aber das wird kommen in der Woche.» Zumal es für den BVB schon am Mittwoch im DFB-Pokal mit dem Viertelfinale beim Titelverteidiger RB Leipzig weitergeht. «Wir wollen gerne nach Berlin, diesen Titel haben wir weiter auch vor Augen. Von daher müssen wir uns schnell berappeln», mahnte Kehl.