Max Eberl wollte «eigentlich gar nix» dazu sagen. Doch die Schmähplakate auf der Tribüne hatten derart Wirkung gezeigt, dass der Sportchef von RB Leipzig dann doch hochemotional Einblick in seine Seele gab.
«Mich würde interessieren, ob diese Menschen wissen, was die Krankheit Burn-out bedeutet», sagte der 49-Jährige nach dem 0:0 in der Fußball-Bundesliga beim 1. FC Köln, das Einige im Stadion genutzt hatten, um Eberl und dessen überstandene Krankheit zu verunglimpfen.
«Burn-out bedeutet, wenn sich Menschen verausgaben, bis sie nicht mehr können. Und über den Punkt hinaus. Manche ertränken das in Alkohol, manche nehmen Drogen, manche bringen sich um. Das ist die harte Wahrheit», sagte Eberl, der im Januar 2022 beim Kölner Erzrivalen Borussia Mönchengladbach aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war und am 1. Dezember in Leipzig angeheuert hatte. Der Wechsel zu den Sachsen war in Fan-Kreisen wegen der Ablehnung des RB-Geschäftsmodells stark kritisiert worden, auch persönlich war Eberl schon verbal angegangen worden.
Eberl: Geht «nullkommanull um mich»
Auf die Frage, ob er nach dieser Erfahrung noch einmal so offen mit seinem Seelenleben umgehen würde wie bei seiner Rücktritts-Pressekonferenz vor über einem Jahr, sagte Eberl: «Ich musste es machen. Sonst wäre ich vielleicht ganz woanders geendet. Und da möchte ich nicht sein.» Er habe damals nicht nachdenken können, ob er an die Öffentlichkeit geht. «Mein Körper und mein Verstand haben mir gesagt: Jetzt ist Ende, es reicht.»
Es gehe ihm «nullkommanull um mich. Ich stehe da drüber. Aber nicht nur ich war krank. Diese Themen haben viele Menschen da draußen. Ich habe mich da rausgekämpft. Die Chance hat jeder andere Mensch auch», sagte Eberl.
Deshalb wolle er «zeigen, dass es möglich ist. Und ich will zeigen, dass es Stärke bedeutet, Schwäche zuzugeben. Wenn Teile der Gesellschaft meinen, diese Schwäche auszunutzen und draufzutreten, ist das traurig. Wenn du dauernd lächerlich gemacht und verhöhnt wirst, ist klar, dass Menschen sich nicht hinstellen und sagen, ich bin krank. Das sollten sich diese Menschen mal hinter den Kopf schreiben.» Immerhin, sagte Eberl, sei ihm dies «bisher noch gar nicht» passiert seit seiner Rückkehr. «Generell macht es mir unfassbar viel Spaß, wieder im Fußball dabei zu sein.»
Auch Kölner Sportchef geschockt
Der Kölner Sportchef Christian Keller zeigte sich geschockt. «Das sind nicht die Werte des 1. FC Köln», sagte der FC-Geschäftsführer. Manche Plakate in der Vergangenheit gegen Mäzen Dietmar Hopp bei Spielen gegen die TSG Hoffenheim seien zwar «noch geschmackloser» gewesen: «Aber man muss nicht darüber reden, ob etwas sehr geschmacklos oder noch etwas mehr geschmacklos ist. Jede Form der Diskriminierung gehört nicht ins Fußball-Stadion.»
Er habe auch etliche Plakate gesehen, «die auf kreative und anständige Art und Weise gezeigt haben, dass man das Modell RB nicht mag», sagte Keller. Mit den persönlichen Plakaten «reißt man diese Kreativität aber ein. Denn so kommt die Botschaft nicht an. Weil nur das hängenbleibt, was diskriminierend ist.» Grundsätzlich seien Plakate im Kölner Stadion zwar genehmigungspflichtig. «Aber es werden auch immer daran vorbei Sachen reingebracht», sagte der FC-Sportchef: «Diese Plakate haben wir nicht freigegeben, das ist selbstredend.»
Über das Spiel wurde so am Ende weniger geredet, obwohl es ein 0:0 der deutlich besseren Sorte war. Während die starken Kölner sehr zufrieden waren, wussten die Leipziger nicht genau, wie sie den Punkt bewerten sollten. Die Chance, am FC Bayern für mindestens gut 24 Stunden vorbeizuziehen und ihn unter Druck zu setzen, wurde aber verpasst. Eberl stufte das Remis deshalb als «gemischt» ein. Das galt freilich nur für die sportliche Bilanz.