Beim Abschied von seinem Herzensclub kämpfte Reinhard Rauball mit den Tränen. Die minutenlangen Ovationen der Mitglieder zum Ende seiner langen Amtszeit als Präsident von Borussia Dortmund gingen dem Juristen sichtlich nahe.
Auch wenn mit Reinhold Lunow ein Nachfolger gekürt wurde, stand der 75-Jährige auf der Mitgliederversammlung des Revierclubs am Sonntag im Mittelpunkt.
«Ich hatte keineswegs vor, eine Karriere als Funktionär im Fußball zu gehen. Aber wenn ich heute zurückblicke, kann ich sagen: Ich empfinde es als großes Glück, dass ich das schönste Amt auf der Welt so lange ausüben durfte», kommentierte der neue Ehrenpräsident des Revierclubs: «Ich bin dankbar für jeden Tag im Dienste des BVB.»
Ära geht zu Ende
Mit dem Rückzug des 75-Jährigen geht beim Revierclub eine Ära zu Ende. In seinen drei Amtszeiten von 1979 bis 1982, 1984 bis 1986 und 2004 bis 2022 führte er den Verein durch schwierige Zeiten. Vor allem bei der drohenden Insolvenz der Borussia in der Saison 2004/05 machte er sich verdient. Beim Auftritt auf der Gläubigerversammlung am Düsseldorfer Flughafen, als er die anwesenden Anleger vom vorgelegten Sanierungskonzept überzeugte, bewies er großes diplomatisches Geschick.
Das Wirken Rauballs ging weit über den BVB hinaus. Von 2007 bis 2019 war er Ligapräsident und zwischenzeitlich Interimspräsident des Deutschen Fußball-Bundes. «Du warst ein leuchtendes Beispiel für mich. Du bist als Mensch und als Borusse ein ganz, ganz Großer», sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Der von den rund 1000 anwesenden Mitgliedern bei nur fünf Enthaltungen und keiner Gegenstimme für drei Jahre gewählte Lunow tritt in einen langen Schatten, weiß aber, worauf er einlässt. Schließlich ist der 69 Jahre alte Mediziner seit 2014 Mitglied des BVB-Aufsichtsrates und war seit November 2021 stellvertretender Präsident. «Wenn man die Nachfolge eines so großen Präsidenten antritt, sind die Fußstapfen sehr, sehr groß. Diesem Vertrauen gerecht zu werden, ist für mich Verpflichtung», sagte er bei seiner Antrittsrede.
BVB-Profis in der Kritik
Weniger wohlwollende Worte als für Rauball fand Watzke für die BVB-Profis, die von den Mitgliedern trotz einer bisher durchwachsenen Bundesliga-Saison mit dem sechsten Rang nach 15 Spielen freundlich empfangen wurden. «Diese beiden Spiele waren nicht das, was wir von Borussia Dortmund erwarten. Ich war zwei Tage komplett aus dem Häuschen», klagte der Geschäftsführer in Anspielung auf die beiden Niederlagen des Teams vor der WM-Pause in Wolfsburg (0:2) und Mönchengladbach (2:4).
Gleichwohl sprach Watzke Trainer Edin Terzic und Sportdirektor Sebastian Kehl das Vertrauen aus. «Wir werden mit diesen beiden erfolgreich sein, weil sie top sind. Ich bin 100-prozentig davon überzeugt, dass wir uns am Ende der Saison für die Champions League qualifizieren werden. Wenn nicht, haben alle das Recht, uns zu kritisieren.»
Sportdirektor Kehl, der nach einer Knieoperation an Krücken erschien und auf die nun anstehende neuntägige Asien-Reise des Teams verzichten muss, gab sich kämpferisch: «Noch ist nichts verloren. Wir werden nach der WM-Pause Gas geben. Platz sechs kann nicht Anspruch von Borussia Dortmund sein.» Transfers in der Winterpause schloss der ehemalige BVB-Profi nicht aus: «Wir werden unsere Hausaufgaben machen und handeln, wenn es nötig ist.»