Nach dem erlösenden Schlusspfiff ballte Nenad Bjelica seine Hände zu Fäusten, mit Blick Richtung Himmel grummelte der Kroate sichtlich emotionale Worte vor sich hin.
Der 1:0 (0:0)-Heimsieg im Abstiegsduell am Sonntag gegen den Bundesliga-Letzten SV Darmstadt 98 war wichtig für Union Berlin – aber noch wichtiger für den gesperrten Trainer selbst. Entsprechend erleichtert hatte der Kroate schon nach dem einzigen Tor der Partie durch Benedict Hollerbach (62. Minute) reagiert, nachdem er zuvor hoch oben auf der Tribüne nervös von links nach recht getigert war.
Es flossen auch Tränen, die der Kroate in ein Taschentuch drückte. Bei wem er sich bedanken musste, wusste Bjelica. Durch einen Pulk von Journalisten hindurch schlug er in den Katakomben mit Hollerbach ein, nachdem seine Innenraumsperre abgelaufen war. Es war das dritte Tor im dritten Heimspiel in Serie für den 22-Jährigen, der erst unter Bjelica aufblüht.
«Mich hat das nicht so gejuckt, muss ich ehrlich sagen. Der Trainer hat sich entschuldigt bei der Mannschaft, damit war das gegessen», sagte Angreifer Hollerbach bei DAZN angesprochen auf eine mögliche Unruhe im Team durch den Aussetzer des Coaches: «Die Nebensächlichkeiten muss man ausblenden.» Bei seinem spielentscheidenden Treffer nach einem Konter musste der 22-Jährige kräftig auf die Zähne beißen, «weil die Milchsäure in den Beinen schreit».
Durch den am Ende verdienten Sieg vergrößerten die Berliner ihren Vorsprung auf Relegationsrang 16 auf fünf Punkte, damit dürfte auch der Druck auf Bjelica vorerst kleiner werden. Der Kroate, der nach seinen aufsehenerregenden Handwischern gegen Bayern Münchens Nationalspieler Leroy Sané noch zwei weitere Partien fehlt, wurde an der Seitenlinie von Assistent Danijel Jumic vertreten. Co-Trainerin Marie-Louise Eta übernahm die Medienaufgaben rund um das Spiel. «Das war einfach wichtig nach der turbulenten Zeit zuletzt, es ist ein bisschen ein Befreiungsschlag», sagte die 32-jährige Eta.
Union hat nach einer langen Flaute in der Hinrunde seine Heimstärke wiedergefunden. Die letzten drei Ligapartien in der Alten Försterei wurden gewonnen. Darmstadt blieb auch im zwölften Bundesligaspiel in Folge ohne Sieg und hat nun sechs Punkte Rückstand auf Union. Die Konkurrenz aus Köln und Mainz ist aber weiter in Schlagdistanz. Man habe ein «ziemlich gutes Auswärtsspiel» gezeigt, meinte Neuzugang Gerrit Holtmann. Doch Trainer Torsten Lieberknecht kritisierte: «Wir waren zu zögerlich und vor dem Strafraum leider zu kompliziert.»
Mit seinem unsportlichen Verhalten gegen Sané hatte Bjelica den Berlinern unter der Woche einen unnötigen Unruheherd beschert und seine eigene Position im Club geschwächt. Geschäftsführer Oliver Ruhnert vermied bei DAZN vor der Partie ein klares Bekenntnis zum Kroaten, der erst seit Ende November im Amt ist. Spekulationen, wonach einige Spieler nach dem Vorfall nicht mehr mit dem Trainer zusammenarbeiten wollen, verneinte er jedoch klar.
Gute Nachrichten für die Köpenicker gab es vor der Partie aber auch: Torwart Frederik Rönnow verlängerte seinen Vertrag am Sonntag. Begleitet wurde die Partie von erneuten Protesten gegen die Investoren-Pläne der Deutschen Fußball Liga.
Auf dem Rasen gab es in der ersten Halbzeit eine zähe Partie. Die Hausherren waren aktiver, blieben aber besonders beim letzten Zuspiel ungenau. Erst gegen Ende der Hälfte gab es so etwas wie Torgefahr. Lucas Tousart köpfte den Ball nach einer Ecke aus guter Position über den Darmstädter Kasten (34.).
Kurz darauf setzte sich Kevin Behrens gut von seinem Gegenspieler ab. Der Schuss des zuletzt im Abschluss glücklosen Berliner Stürmers ging weit drüber (35.). Kurz nach Wiederanpfiff vergab Hollerbach nach einem Fehlpass der Gäste alleine vor Darmstadt-Keeper Marcel Schuhen (48.).
Beim nächsten Versuch machte es der 22-Jährige dann nach einem Pass von Andras Schäfer besser. Es war das dritte Saisontor für den Angreifer, der erst unter Bjelica wirklich zum Zug kommt. Der Kroate sah auf der Tribüne erleichtert aus. In der 76. und 84. Minute verpasste Behrens das 2:0.