Im vergangenen Frühjahr war Max Eberl fest davon überzeugt, den «passendsten Trainer für Borussia Mönchengladbach» gefunden zu haben.
So deklarierte Gladbachs Sportchef den soeben für satte 7,5 Millionen Euro von Eintracht Frankfurt verpflichteten Adi Hütter. Viele Zweifler daran gab es damals nicht, gut sieben Monate nach Hütters Amtsantritt schon.
Ob Eberl von seiner einstigen Einschätzung noch überzeugt ist, ist derzeit nicht zu klären. Der 48 Jahre alte Sportchef ist laut Verein krank und sah auch das 1:2 (1:1) gegen Union Berlin – die siebte Gladbacher Niederlage aus den vergangenen neun Pflichtspielen – am Samstag nicht im Stadion. Ebenso wenig das deutlich verheerendere 0:3 im DFB-Pokal drei Tage zuvor, als der Champions-League-Achtelfinalist des Vorsaison vom Zweitligisten Hannover 96 vorgeführt worden war.
Die Spieler demonstrierten Unterstützung
Insofern war der kämpferisch und ansatzweise auch spielerisch überzeugende Auftritt bei der unverdienten erneuten Niederlage ein Fortschritt. «Meine Mannschaft hat heute sicher ein ganz anderes Gesicht gezeigt als in Hannover», sagte Hütter, der davon überzeugt ist, auch am 5. Februar bei Arminia Bielefeld noch im Amt zu sein. «Ja», lautete seine knappe, aber entschiedene Einschätzung dazu.
Anzeichen, dass Hütter die Mannschaft verloren habe, gibt es wenige. Sowohl auf dem Platz als auch hernach bei den Statements zum Spiel demonstrierten die Spieler Unterstützung. «Er versucht alles, macht immer eine richtig gute Vorbereitung auf die Spiele», urteilte Abwehrspieler Nico Elvedi, und Rückkehrer Jonas Hofmann attestierte dem angeschlagenen Coach «noch die richtigen Ideen und Lösungen».
Gründe für eine Trennung gäbe es
Die Zeit für eine Trennung scheint (noch) nicht gekommen. Bereits vor dem Spiel gegen Union sagte Hütter, die Verantwortlichen hätten ihm weitere Rückendeckung versichert. Bereits vor gut einem Monat, als die Borussia nach dem 1:4 im Derby in Köln und dem 0:6 gegen Freiburg einen noch übleren Eindruck als aktuell vermittelte, stand Eberl zu seinem teuer eingekauften Coach. Als «absurd» bezeichnete Eberl Diskussionen über Hütter, der mit dem in Teilen phlegmatisch, aber hoch veranlagten Kader viel probiert, aber wenig erreicht hat.
Gründe für eine Trennung gäbe es dennoch. Die mangelnde Konstanz, die schon seinen Vorgänger Marco Rose in die Verzweiflung trieb, bekam auch Hütter nicht in den Griff. Der Österreicher ändert noch immer oft System und Personal. Vor allem eine offensive durchgängige Spielidee ist nicht zu erkennen. Auch mit dem Ziel, die Gladbacher Abwehr zu stabilisieren, scheiterte der 51-Jährige bislang krachend. 37 Gegentore nach 20 Spielen ist der drittschlechteste Wert der Liga.
Auch widersprüchliche Aussagen Hütters sorgten für Verwirrung. Im Dezember hatte der Trainer einen Zusammenhang zwischen Laufleistung seines Teams und verheerenden Resultaten noch geleugnet. Nach der Weihnachtspause verkündete Hütter dann, dass die Laufleistung unbedingt besser werden müsse. Die Analyse der Hinserie habe ergeben, dass eben doch eine Zusammenhang bestehe.
Gründe für eine Weiterbeschäftigung gibt es auch
Gründe für eine Weiterbeschäftigung gibt es indes auch. Dass in dem seit anderthalb Jahren coronabedingt nur punktuell veränderten Kader einige Spieler zu scheinbarer Gleichgültigkeit neigen, ist nicht Hütters Schuld. Dass immer wieder wichtige Spieler ausfallen, ebenso wenig. Dass Profis wie Marcus Thuram, Matthias Ginter und Denis Zakaria eher mit der eigenen Zukunft als mit der Gegenwart beschäftigt zu sein scheinen, hat Hütter auch nicht zu verantworten.
Vieles davon kann nur Sportchef Eberl lösen. Gelingt es ihm bis zum Ende der Wechselfrist am 31. Januar, Problemfälle im Kader noch für einige Millionen Euro zu transferieren und im besten Fall gleich durch frische, unbelastete Kräfte zu ersetzen, dann könnte Hütter unter neuen Voraussetzungen in den Saisonendspurt starten.
In den nächsten beiden Spielen geht es nach Bielefeld und gegen Augsburg. «Das sind Spiele gegen unmittelbare Konkurrenten, in denen wir punkten müssen», urteilte selbst Hütter. Gibt es dort weitere Rückschläge, wäre Hütter nicht mehr zu halten. Und die Aussage, er sei «der passendste Trainer» für Borussia, auch nicht mehr.