Oliver Glasner mochte sich der üblichen Schönrednerei nicht anschließen und bekannte ehrlich seine Ratlosigkeit.
«Heute fällt mir nicht genug ein, was wir brauchen, um im Rückspiel zu gewinnen», sagte der Cheftrainer von Eintracht Frankfurt nach dem 0:2 (0:1) im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen den meisterlich spielenden Serie-A-Spitzenreiter SSC Neapel. Der Österreicher wäre aber ein schlechter Coach, wenn er die Reise zum Rückspiel am 15. März als Sightseeingtour deklarieren würde.
«Wir werden nicht als Touristen mit der weißen Fahne ins Maradona-Stadion einziehen», betonte Glasner. Immerhin hat er nicht nur drei Wochen Zeit, um eine neue Strategie und erfolgreiche Taktik gegen die italienischen Europacup-Überflieger vom Vesuv auszubaldowern, sondern muss sich schon am Samstag mit dem nächsten Achtelfinalisten der Königsklasse messen: In der Bundesliga wartet auswärts RB Leipzig.
Eintracht muss die Lehren aus dem Debakel ziehen
Um in der Tabelle am nur einen Punkt entfernten Liga-Fünften vorbeizuziehen, muss die Eintracht aus den vielen Versäumnissen gegen Neapel ihre Lehren ziehen: Abspielfehler, Unsicherheit unter Druck oder Schwächen bei Standards. «Da bekommen wir wieder den Friedensnobelpreis für unsere Standards, weil wir gar nicht zum Abschluss gekommen sind», kritisierte Glasner süffisant und stellte zusammenfassend fest: «Wir waren in manchen Situationen überfordert.»
Den dominanten Neapolitanern – die Italiener spielten fast 400 Pässe mehr und hatten 70 Prozent Ballbesitz – unterlief nur ein grober Schnitzer. Stürmerstar Chwitscha Kwarazchelia scheiterte mit einem Foulelfmeter (36. Minute) an Nationaltorwart Kevin Trapp. Tore schossen dafür sein einst in Wolfsburg gescheiterter Angriffskollege Victor Osimhen (40.) und Kapitän Giovanni di Lorenzo (65.). «Ich finde, dass wir es weitestgehend im Griff hatten und eine gute Leistung gezeigt haben», lautete der etwas realitätsferne Kommentar des Eintracht-Keepers. «Klar ist das Ergebnis nicht optimal, aber es ist eins, dass wir drehen können», meinte er.
Frankfurts Star Kolo Muani fehlt in Neapel
Auf Wunder gibt es aber kein Abonnement. Am Ende der Gruppenphase hatte es mit einem 2:1-Auswärtserfolg bei Sporting Lissabon – nach einem 0:3 zu Hause – ein Happy End für den Europa-League-Sieger gegeben. Das «Miracolo di Napoli» zu schaffen, dürfte für die Frankfurter eine weitaus größere Herausforderung sein: «Napoli ist eine ganz fein geölte Maschine», lobte Matthias Sammer, Champions-League-Sieger von 1997 mit Borussia Dortmund, bei Amazon Prime.
Außerdem wird der Eintracht im Rückspiel der französische Vize-Weltmeister Randal Kolo Muani nach seiner viel diskutierten Roten Karte (58.) fehlen. «Ich finde das zu hart. Für uns war das ein Killer», meinte Regisseur Mario Götze. Auch Glasner hadert mit dem Platzverweis: «Das ist bitter für ihn und für uns.»
In Neapel müssen nun Kolo Muanis Stürmerkollegen treffen, um die Sensation zu schaffen. «2:0 ist ein gefährliches Ergebnis. Wir werden mit allem, was wir haben, versuchen, das Resultat zu drehen», sagte Glasner. Für den rechten Flügelstürmer Aurélio Buta benötigt es dafür keine übernatürlichen Kräfte: «Wir brauchen kein Wunder, wir glauben an uns selbst.»