Wohin mit Thomas Müller? Diese brisante Frage stellt sich auch Julian Nagelsmann. Die Antwort aber wollte der Trainer vor dem ersten Heimspiel des FC Bayern 2023 gegen die furiosen Sieben-Tore-Kölner nicht vorab verraten.
«Ich habe mich auch im Fall von Thomas noch nicht entschieden», sagte Nagelsmann zur Münchner Aufstellung am morgigen Dienstag. Startelf oder Bank? Wie beim 1:1 in Leipzig könnte Ur-Bayer Müller (33) auch das letzte Hinrunden-Spiel des Herbstmeisters in der Fußball-Bundesliga zunächst wieder als Zuschauer vom Spielfeldrand aus erleben.
Für den früheren Immer-Spieler Müller beginnt das neue Jahr in einer ungewohnten und zugleich komplizierten Rolle: der des Herausforderers in der prominent besetzten Münchner Offensive. Im Getöse um das Kaltstart-Debüt von Yann Sommer (34) im Bayern-Tor und den aufgeregten Zukunftsdebatten um den noch monatelang verletzten Kapitän Manuel Neuer (36) ging Müllers Rolle als Randfigur beim Bundesliga-Restart ziemlich unter.
Müller will «Minuten sammeln»
Nun rückt sie mehr in den Fokus. Müller als Bankdrücker, das birgt Brisanz. Das weiß auch Nagelsmann, der diese trotzdem vor der Kraftprobe mit dem 1. FC Köln einzugrenzen versuchte. «Dieses Thema ist aufgrund der Persönlichkeit von Thomas Müller und seiner Bedeutung im deutschen Fußball und für Bayern München ein Größeres als intern für uns beide in der Kommunikation», beschwichtigte der Cheftrainer.
In Leipzig musste Müller bis zur 83. Minute warten, ehe ihn Nagelsmann für Serge Gnabry einwechselte. Nach seinem Kurzeinsatz musste der 33-Jährige mit den Reservisten-Kollegen noch Steigerungsläufe auf dem Rasen der Leipziger Arena absolvieren. «Jeder muss sich dem Team unterordnen. Am wichtigsten ist, dass wir als Mannschaft gewinnen, das gilt genauso für mich», sagte Müller anschließend. Ein Bayern-Sieg mit ihm in einer tragenden Rolle ist freilich auch ihm selbst lieber. Und darum sagte der Ur-Bayer mit Blick auf die zwei Heimspiele gegen Köln und Eintracht Frankfurt: «Ich bin heiß darauf, Minuten zu sammeln.»
Müller als Minutensammler? Klingt komisch, ist aber aktuell so. Nagelsmann lieferte dafür die Erklärung. «Es geht aus Trainersicht immer um die Bewertung der Trainingsleistung, der gezeigten Spielleistung und das Momentum, das sehr wichtig ist», sagte er allgemein. Und ergänzte bezogen auf Müllers Situation: «Es ist ganz normal, wenn du verletzt warst und die Mannschaft sehr gut performt hat, dass es, wenn du zurückkommst, erstmal ein paar Momente gibt, wo du hinten dran bist und der Herausforderer bist.»
Bisher eine Saison zum Vergessen für Müller
Das klang nach Bankplatz auch gegen Köln. Müller ist gerade hinten dran, insbesondere wenn es um seine direkten Konkurrenten auf seinen Idealpositionen geht: Auf der Zehn hat sich Jamal Musiala (19) einen Vorsprung erarbeitet. Und im Sturmzentrum hat Eric Maxim Choupo-Moting (33) seinen Status mit Saisontor Nummer sieben in Leipzig weiter gefestigt.
Für Müller dagegen ist die bisherige Saison eher eine zum Vergessen. Als es vor der Weltmeisterschaft bei den Bayern rund lief, fehlte er fast durchgängig, weil sein Körper streikte. Sein viertes WM-Turnier in Katar war dann auch persönlich ein Fehlschlag.
Einen Abgesang auf Müller anzustimmen, wäre dennoch voreilig. Müller wird attackieren. Er drängt zurück in eine Führungsrolle – auch auf dem Rasen. «Mein Fokus ist, auf dem Platz zu stehen, Tore zu erzielen, Tore vorzubereiten, Spiele zu gewinnen», verkündete er jüngst im Trainingslager in Katar. Sportvorstand Hasan Salihamidzic bemerkte zum Konkurrenzkampf im Münchner Luxuskader: «Wer gute Leistungen bringt, wird sicherlich spielen.»
Ob mit oder ohne Müller, Nagelsmann erwartet gegen Köln eine bessere Offensivleistung. In Leipzig habe man «nur sieben Torschüsse» verbucht. So viele Tore erzielten die Kölner bei ihrem furiosen 7:1 gegen Werder Bremen. Schrecken kann das die Münchner aber nicht: «Die sieben Tore machen eher was mit Köln als mit uns», kommentierte Nagelsmann trocken.