Einen Einsatz als «Pausenclown» hält Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg trotz der angespannten Lage vor dem WM-Gruppenfinale nicht für nötig. Noch sei die Laune nicht im Keller bei den deutschen Fußballerinnen, will die 55-Jährige sagen.
Mehr als nur als Stimmungsaufheller aber wird ein Erfolg gegen Südkorea am Donnerstag gebraucht, damit das DFB-Team sicher ins Achtelfinale kommt und eine frühe Heimreise verhindert. Der Traum vom dritten WM-Stern nach 2003 und 2007 ist angesichts des Zitterns zum Abschluss der Vorrunde erst mal in den Hintergrund gerückt. «Wir müssen jetzt gewinnen. Ich glaube, dass der Druck auch immer ein bisschen dazugehört, um seine Leistung abzurufen», sagte Mittelfeld-Abräumerin Lena Oberdorf.
«Wir aus Wolfsburg kennen diese Situation aus der Champions League. Wir gehen da rein, wir wollen gewinnen, und wir wollen natürlich ins Achtelfinale einziehen», ergänzte die 21-Jährige, die auf dem Platz stets resolut vorangeht. Die DFB-Auswahl kann trotz des ernüchternden 1:2 gegen Kolumbien mit einem Sieg am Donnerstag (12.00 Uhr MESZ/ZDF) in Brisbane weiterkommen. Möglicherweise genügt sogar ein Unentschieden. Selbst eine Niederlage gegen das bisher tor- und sieglose Südkorea mit maximal vier Toren Unterschied würde reichen, wenn Kolumbien in der Gruppe H gegen Marokko gewinnt.
Solche Rechenspiele hätten sich die Vize-Europameisterinnen nach ihrem lockeren 6:0-Auftakterfolg gegen Marokko gerne erspart. Und der DFB-Tross ist gewarnt: Eine Blamage wie die der Männer von Joachim Löw 2018 in Russland, als die Südkoreaner den Titelverteidiger mit einem 2:0 früh aus dem Turnier warfen, ist allen eine Warnung.
Im Achtelfinale würde Jamaika oder Frankreich warten
Die andere ist das überraschende Ausscheiden von Brasilien. Der Mitfavorit blieb mit einem 0:0 gegen Jamaika in der Vorrunde hängen. Im Achtelfinale würde damit auf das DFB-Team nun das Überraschungsteam aus der Karibik oder Gruppensieger Frankreich warten, das Panama zum Vorrunden-Abschluss 6:3 schlug.
Aus eigener Kraft kann die deutsche Auswahl den ursprünglich angepeilten Gruppensieg jedenfalls nicht mehr schaffen. «Wir haben überwiegend gute Stimmung», versicherte Voss-Tecklenburg bei der Abschlusspressekonferenz vor der Partie gegen die Asiatinnen und holte weit aus: «Ich kann es nur immer wieder betonen: Wir haben so ein gutes Miteinander bei uns, wir sprechen die Dinge klar an, wir sprechen sie kritisch an, aber wir sprechen sie auch sachlich an. Wir bleiben bei uns. Wir gewinnen zusammen, wir verlieren zusammen, und wir gehen die nächsten Schritte zusammen.» Dass ihre Spielerinnen «sehr, sehr selbstkritisch» seien, das hatte die Trainerin schon zuvor betont.
Dennoch stellt sich die Frage, ob die DFB-Auswahl wirklich die Form und Klasse hat, um wie angekündigt um den Titel mitzuspielen. Nicht nur die misslungenen Tests gegen Vietnam (2:1) und Sambia (2:3) hatten Zweifel aufkommen lassen. Auch die Partie gegen Kolumbien zeigte, dass es in der Offensive oft an Ideen fehlt und die Defensive angesichts der vielen Ausfälle anfällig ist.
«Schneller spielen, bessere Entscheidungen treffen», forderte Co-Trainerin Britta Carlson. Es gehe darum, «mehr in den Strafraum zu kommen, eine höhere Präsenz in der Offensive zu haben und das dann auch durchzuziehen». Das geht die offensiven Mittelfeldspielerinnen Lina Magull und Sara Däbritz ebenso an wie die Flügelstürmerinnen Jule Brand und Klara Bühl. Möglicherweise setzt Voss-Tecklenburg gegen Südkorea auf die Münchnerin Lea Schüller als Sturmspitze und lässt die bislang schon dreimal im Turnier erfolgreiche Kapitänin Alexandra Popp zurückgezogen spielen.
Abwerchefin Hegerinn steht wieder bereit
Immerhin kann das deutsche Team erstmals bei dieser WM auf seine etatmäßige Abwehrchefin Marina Hegering setzen. Voss-Tecklenburg wollte sich zwar nicht auf deren Starteinsatz festlegen, sagte aber: «Das bedeutet ganz viel, dass Marina wieder so auf dem Trainingsplatz steht, dass sie komplett ihre Leistung bringen kann. Von daher sind wir froh, dass Marina jetzt absolut spielfähig ist.»
Nachdem Hegering zuletzt voll mit der Mannschaft trainiert hat und die Frankfurterin Sara Doorsoun wegen einer Muskelverletzung im Oberschenkel fehlt, gilt die 33-Jährige vom VfL Wolfsburg als gesetzt. Hegering hatte lange an einer Fersenprellung laboriert. Für Felicitas Rauch, die wegen einer Kniestauchung pausieren muss, wird auf der linken Abwehrseite wieder Chantal Hagel erwartet.