Kurz vor dem ersten deutschen Meistertitel der Vereinsgeschichte wollten auch die Profis von Bayer Leverkusen keine Fußballfloskeln mehr bemühen.
«Uns muss bewusst sein, dass wir ab heute über den Titel reden können, weil wir wirklich Geschichte schreiben können», sagte Mittelfeldspieler Granit Xhaka nach dem 1:0 beim 1. FC Union Berlin – dem 41. Pflichtspielen nacheinander ohne Niederlage.
Mit einem Heimsieg gegen Werder Bremen am kommenden Sonntag kann die Werkself den Titel Vizekusen endgültig vergessen machen. Verlieren die Bayern am Samstag zuvor gegen den 1. FC Köln, ist Leverkusen sogar ohne eigenes Zutun uneinholbar. «Es ist ein Traum für ganz viele. Dass wir das früh schaffen können, ist umso schöner. Das verdient ganz großen Respekt für die Mannschaft», schwärmte Xhaka.
Alonso will noch nicht feiern
Möglich wird der frühzeitige Titelgewinn durch den Patzer der abgehängten Verfolger aus München. Der Dauermeister blamierte sich am Samstag beim Aufsteiger 1. FC Heidenheim mit 2:3. «Wenn man nach dem Spiel mitbekommt, dass Bayern verloren hat, ist es doppelt so schön», sagte Xhaka.
An die Meisterschaft hatten sie in Leverkusen nach dem Saisonverlauf freilich geglaubt – aber so früh? «Mein Plan war ein bisschen später», sagte Trainer Xabi Alonso. Obwohl der Titel so gut wie sicher ist, mahnte der Spanier zur Geduld: «Die Situation ist super, aber wir wollen noch nicht feiern. Wir warten ein bisschen.»
Wirtz erzielt Siegtor per Elfmeter
Vor 22.012 Zuschauern im Stadion an der Alten Försterei hatte Florian Wirtz (45. Minute + 8/Handelfmeter) für die Gäste getroffen, die nach einem Platzverweis für Unions Robin Gosens (45.+3) lange in Überzahl spielten. Die Berliner verpassten einen wichtigen Schritt in Richtung Klassenerhalt, haben aber weiter ein kleines Polster von sechs Punkten auf den Relegationsrang.
Mit dem Erfolg in Köpenick egalisierte die Werkself zudem einen Bundesliga-Rekord, denn mehr als 28 Partien in Folge blieb innerhalb einer Spielzeit noch nie ein Team unbesiegt. Diese Serien schafften bislang die Bayern 2013/14 mit Trainer Pep Guardiola und der BVB 2011/12 unter Jürgen Klopp.
Wilde Nachspielzeit
Meisterlich trat die Werkself in Berlin zwar nicht auf, sie bestimmte aber das Spiel. Doch egal, was Bayer aus dem Spiel heraus versuchte, Unions Torhüter Frederik Rönnow war zu Stelle. Die Hausherren bekamen kaum Verschnaufpausen, waren aber dennoch der erwartet eklige Gegner, der selbstbewusst in die Zweikämpfe ging und hinten kompakt stand. Nur das Spiel nach vorn funktionierte erneut kaum.
Vor der Pause überschlugen sich dann die Ereignisse. Erst sah Gosens nach wiederholtem Foulspiel die Gelb-Rote-Karte. Dann landete der Ball irgendwie im Tor der Berliner. Schiedsrichter Benjamin Brand entschied zunächst auf Abseits – und nach einem Blick auf den Bildschirm auf Handelfmeter. Union-Kapitän Christopher Trimmel hatte einen Schuss im Strafraum mit dem Arm abgelenkt. Wirtz verwandelte sicher, Trimmel sah für sein Vergehen keine Karte.