Felix Magath redete sich in Rage und ließ keinen Zweifel daran, wen er bei der Hertha nach einer enttäuschenden Niederlage und eine Woche vor dem Stadtderby in der Verantwortung sieht.
«Ihr habt euch selbst in diese Situation gebracht, ich war das nicht», rief Magath seinen Profis am Morgen nach dem 1:2 bei Bayer Leverkusen demonstrativ auf dem Trainingsplatz zu – gut hörbar für die versammelten Medienvertreter. «Ihr müsst euch da auch selbst wieder rausholen», forderte der 68-Jährige, der erst zwei Spiele als Hertha-Chefcoach verantwortet hat und während seiner Ansprache immer lauter wurde.
Hertha im Stadtduell gegen Union gefordert
Mit Blick auf das Derby gegen den Stadtrivalen Union Berlin am kommenden Samstag (18.30 Uhr/Sky) und die darauf folgenden Spiele gegen drei Konkurrenten im Abstiegskampf sagte Magath: «Packt diese Chance!»
Schon am Samstag hatte er gesagt: «Das war zu wenig. Wir kämpfen nach wie vor gegen den Abstieg. Der Sieg gegen Hoffenheim hat vielleicht den einen oder anderen glauben lassen, dass das Gröbste überstanden wäre. Aber es ist noch ein weiter Weg bis zum Klassenerhalt», sagte Magath. Ein großer Teil der Euphorie nach dem 3:0 zum Magath-Auftakt ist im Westend schon wieder verflogen. Vorerst fielen die Berliner auf einen direkten Abstiegsplatz zurück.
Magath: Müssen «mehr kämpfen»
Nach neuneinhalb Jahren saß Magath, der sein erstes Spiel wegen einer Corona-Infektion nur aus dem Homeoffice gecoacht hatte, wieder auf der Trainerbank in der Bundesliga. Er musste erkennen, dass seine Mannschaft die Tugenden im Existenzkampf noch nicht angenommen hat. «Wenn man unten in der Tabelle steht, ist man spielerisch nicht so gut. Daher muss man mehr kämpfen – anders wird man unten nicht rauskommen», sagte der Chefcoach.
Die Konkurrenz aus Köpenick ist heiß auf das Derby. «Wir haben dieses Jahr gezeigt, wer die Nummer eins in Berlin ist. Das wollen wir so weiter beibehalten», sagte Unions Abwehrspieler Robin Knoche.
Wie eine Mannschaft, die den Abstiegskampf angenommen hat, trat die Hertha in der BayArena nicht auf. Dies erkannte auch Bayer-Profi Robert Andrich, der neun Jahre für die Berliner gespielt hat. «Wenn sie wie heute spielen, wird es sehr, sehr schwer. Viel fürs Spiel haben sie nicht getan. Meiner Meinung nach musst du schon kratzen und beißen und nicht nur die ganze Zeit hinfallen», befand der Mittelfeldspieler der Leverkusener.
Dass ausgerechnet eine Magath-Mannschaft Aggressivität und Kampfgeist vermissen lässt, dürfte den Trainer-Oldie am meisten ärgern. «Ich dachte, dass allen klar ist, dass wir über den Kampf kommen müssen», sagte Magath, der sein Team zuvor im Trainingslager in Ostwestfalen auf die anstehenden Aufgaben vorbereitet hatte. Doch dann ging alles schief. «Die Mannschaft wollte, aber wir haben den verkehrten Ansatz gewählt. Statt mitzuspielen, hätten wir mehr Einsatz bringen müssen», sagte er. Und genau das hat er seinen Spielern schnell klar gemacht: «Ich denke, dass wir das jetzt verstanden haben und in der nächsten Partie wieder anders machen.»
Co-Trainer Fotheringham als Lautsprecher
Gecoacht hat die Berliner während des Spiels vor allem Co-Trainer Mark Fotheringham, der an der Seitenlinie hin und her sprang und seine Kommandos gab. Magath hatte die Partie in dicker winterlicher Kleidung von der Bank verfolgt. Im Team kommt diese Aufgabenteilung bislang gut an. Magath gibt die Richtung vor, seine Assistenten setzen das um.
Immerhin treten die Berliner im Endspurt noch gegen die unmittelbare Konkurrenz aus Bielefeld, Stuttgart und Augsburg an. Den Kampfgeist wird Magath ihnen bis dahin vermitteln – wohl auch mit vielen Medizinbällen und intensiven Laufeinheiten. Schon am Sonntag ging es los: Auch wenn keine der Konditionseinheiten von Werner Leuthard anstand, ein lockeres Auslaufen war es nicht. Knappe 90 Minuten arbeitete der Großteil des Kaders intensiv auf dem Platz, angefeuert vom etwas heiseren Fotheringham.