Als Robert Lewandowski alleine auf die Tribüne mit den Bayern-Fans marschierte, wirkte die Situation etwas wie ein Abschied. Überraschend lange blieb er dort.
Auch die Torjäger-Kanone für seine 35 Saisontreffer ließ er sich vor der Kurve überreichen. Er ließ sich lange feiern und schien den Beifall aufzusaugen. Wird sich der 33-Jährige in der nächsten Saison vor den Fans eines anderen Vereins feiern lassen?
Die Zeichen verdichten sich zumindest immer mehr, dass der Angreifer dem deutschen Rekordmeister im Sommer den Rücken kehren wird. Nach dem Spiel sagte Lewandowski: «Gut möglich, dass es mein letztes Spiel für den FC Bayern war. Ich kann es nicht hundertprozentig sagen, aber es könnte sein.»
Seine Worte nach dem 2:2 (2:1) beim VfL Wolfsburg am Samstag waren kein Bekenntnis für den FC Bayern: «Klar, ich habe noch ein Jahr Vertrag», sagte er. Aber er habe Sportvorstand Hasan Salihamidzic gesagt, «dass wenn ein Angebot kommt, dann müssen wir darüber nachdenken – auch für den Verein. Beide Seiten müssen an die Zukunft denken», erklärte er: «Wir müssen abwarten, was passiert.»
Nagelsmann: Abgang früher als geplant, wäre «Verlust»
Trainer Julian Nagelsmann blieb wie in den Wochen zuvor zwar abgeklärt, doch bezeichnete einen möglicherweise früher als geplant bevorstehenden Abgang als «Verlust». Der Coach verwies auf den laufenden Vertrag des Offensivmanns bis 2023 und blickte voraus: «Da ist wenig Raum für Trauer. Man muss aus der Situation versuchen, das Beste zu machen», meinte Nagelsmann.
Vor der Meisterfeier auf dem Münchener Rathausbalkon am Sonntag dürfte die Lewandowski-Personalie vielen Anhängern des Clubs schwer im Magen liegen. Vielleicht auch deshalb bekam Sportvorstand Salihamidzic am Samstagabend beim kleinen Meisterempfang in München den Frust einiger Fans ab, die ihn laut «Bild» ausbuhten.
Die Bayern-Spitze scheint sich weiter gegen einen vorzeitigen Transfer von Lewandowski zu stemmen, hatte den Wechselwunsch des Weltfußballers aber vor dem Wolfsburg-Spiel öffentlich gemacht. «Ich habe mit Lewa gesprochen», sagte Salihamidzic. Der habe ihm gesagt, «dass er gerne was anderes machen möchte», ergänzte Salihamidzic. Später ließ Lewandowski bei Sky anklingen, dass er selbst gar nicht erst ein Angebot der Münchner bekommen wollte.
Vorzeitiger Wechsel ausgeschlossen
Einen vorzeitigen Wechsel des Topstürmers schon in diesem Sommer schloss Salihamidzic erneut aus. Spekuliert wird, dass Lewandowski zum FC Barcelona möchte. Verhandlungen zwischen den Clubs bestritt Salihamidzic. «Lewa hat Vertrag bis zum Sommer nächsten Jahres. Das ist Fakt», betonte er. Auf die Frage, was passieren müsse, damit er seine Haltung ändere, sagte der Bosnier: «Damit beschäftige ich mich nicht, weil unsere Haltung immer klar war.»
Lewandowskis Berater und der FC Barcelona sind sich einem Bericht von Sport1 zufolge mündlich über einen Wechsel des Stürmers im Sommer einig. Barça warte nun auf einen Hinweis der Bayern über die Höhe der Ablösesumme, berichtete der TV-Sender. Noch sei keine konkrete Abmachung zwischen den Clubs erzielt. Zwischen Lewandowskis Agenten Pini Zahavi und Barcelona sei ein Dreijahresvertrag avisiert worden.
Sadio Mané, der am Samstag mit dem FC Liverpool den FA-Cup gewann, soll ein aussichtsreicher Kandidat auf die Lewandowski-Nachfolge sein. Sky zufolge hat Salihamidzic bereits auf Mallorca mit dem Berater des Senegalesen gesprochen. Auch Sasa Kalajdzic vom VfB Stuttgart soll in den Fokus der Münchner gerückt sein. Der Vertrag des 24-Jährigen bei den Schwaben läuft in einem Jahr aus.
Fünfmal hintereinander Torschützenkönig
Dass Lewandowski am Samstag zum fünften Mal nacheinander Torschützenkönig wurde und zum siebten Mal insgesamt die Torjäger-Kanone einheimste, rückte bei den ganzen Wechseldiskussionen eher in den Hintergrund. Die Auszeichnung – diese Saison erzielte er 35 Treffer – holte er mit großem Vorsprung auf den Leverkusener Patrik Schick. In der vergangenen Saison hatte der Pole mit 41 Torerfolgen einen Rekord aufgestellt. Lewandowskis Torjäger-Regentschaft in Deutschland durchbrach zuletzt der mittlerweile für den FC Barcelona stürmende Pierre-Emerick Aubameyang für Borussia Dortmund 2016/17. Möglicherweise könnte der polnische Nationalspieler in Barcelona Seite an Seite mit Aubameyang spielen.
Trainer Nagelsmann analysierte die Personalie in gewohnter Nagelsmann-Manier: «Es ist nicht schön, wenn man einen guten Spieler verliert», sagte er. Es gebe im Leben aber wichtigere Dinge, über die man wirklich traurig sein müsse.