Max Eberl zwängte sich an der Absperrung vorbei und ging mit flotten Schritten ins Herz seiner verflossenen Liebe. Nach dem klaren 3:0 besuchte RB Leipzigs Sportchef die Kabine seines Ex-Clubs Borussia Mönchengladbach, kam nach wenigen Minuten grinsend zurück. Reden wollte er nicht, er zog offenbar den stillen Genuss vor.
Dafür hatte Eberl schon vor dem Anpfiff des brisanten Wiedersehens unnötig Öl ins Feuer gegossen. Im TV-Interview mit Sky ging er auf die Anfeindungen der vergangenen Wochen ein. Er habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass er krank gewesen sei. «Wenn diese Thematik negiert wird und das einfach als Wechsel von Gladbach nach Leipzig zusammengefasst wird, dann ist das einfach verkehrt. Und das von Menschen, die andere Menschen ins Fadenkreuz nehmen, die mit Eisenstangen durch die Städte laufen und Feuer zünden – ich glaube, da braucht es nicht mehr Kommentar dazu», sagte der 49-Jährige.
Gladbacher Anhänger mit Bannern gegen Eberl
Die gut 4500 Gladbacher Fans ließen sich die Gelegenheit nicht nehmen und zeigten in loser Folge Banner mit Schmähungen gegen ihre einstige Symbolfigur. «’Ich will einfach nur Max Eberl sein‘. Leere Worte nur zum Schein, für uns nur ein Bullenschwein. Wunderheilung durch Red Bull – wenn Lügen zum Geschäftsmodell wird», war auf aufeinanderfolgenden Bannern Mitte der ersten Halbzeit zu lesen. Dazu wurde ein Oscar mit der Aufschrift «Bester Schauspieler 2022» gezeigt.
Gladbachs Trainer Daniel Farke wählte einen Weg, die Thematik mit etwas mehr Besonnenheit anzugehen. «Ich kann keinem vorschreiben, wie er sich emotional zu fühlen hat. Generell glaube ich, ist das ein Thema, bei dem es gut ist, wenn man es nicht dauern wieder rausholt», sagte der 46-Jährige. Er sprach von hoher Wertschätzung gegenüber Eberl und habe die Plakate während des Spiels nicht gesehen.
Eberl war mit Schmähungen in Köln und gegen Union Berlin bedacht worden. Er hatte seinen Posten beim Fußball-Bundesligisten aus Gladbach Ende Januar 2022 erschöpft aufgegeben und war im selben Jahr nach Leipzig gewechselt. Im Vorfeld hatten Gladbacher Ultras zum Trillerpfeifen-Protest gegen das Konstrukt RB aufgerufen, doch die Aktion verpuffte nach wenigen Minuten.
RB dreht nach Plea-Fehlschuss auf
Gladbachs Leistung war lange passabel, am Ende gaben sogar die Leipziger zu, von den Gästen ins Spiel geholt worden zu sein. Als Alassane Plea in der 53. Minute einen Elfmeter verschoss, machte es in den Köpfen der Sachsen klick. «Das war der Knackpunkt», betonte Emil Forsberg. Letztlich sorgten Timo Werner (58. Minute), Forsberg (71./Foulelfmeter) und Josko Gvardiol (80.) vor 46.687 Fans für die Entscheidung zugunsten des Favoriten.
Eberl verfolgte das Geschehen auf der Tribüne neben Ex-Boss Oliver Mintzlaff. Das Duo hatte vor dem Spiel noch die Mitgliederversammlung in einem Hotel abgehalten. Am Sonntag folgt noch ein ausführlicher TV-Auftritt des Leipziger Sportchefs, der sich in der Woche vor dem Duell mit Gladbach bewusst zurückgenommen hatte.