In seiner launigen Art sprach Sasa Kalajdzic über sein Siegtor ein bisschen so, als hätte es die schweren vergangenen Monate beim VfB Stuttgart nie gegeben.
Eine enorme Last war abgefallen, die Erleichterung bei den Schwaben war immens. Mit dem bemerkenswerten Comeback-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach und mit dem österreichischen Startelf-Rückkehrer ist der Glaube im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga bei den Stuttgartern zurück. «Ich habe gewusst, den haue ich rein. Einfach sicher annehmen, umdrehen und ins lange Eck – danke schön!», sagte Kalajdzic bei Sky über das Tor zum 3:2, das die VfB-Fans endgültig ausflippen ließ.
Der 24 Jahre alte Nationalstürmer ist der große Hoffnungsträger des Tabellenvorletzten, er vollendete am Samstagabend die Aufholjagd. Fast drei Monate ohne einen Bundesliga-Sieg gingen für den VfB zu Ende. Mit einem Lächeln drehte Kalajdzic einen Tag nach dem Spiel seine Runden, Sportdirektor Sven Mislintat beobachtete das Auslaufen mit frischem Mut. Der Erfolg soll ein «Wendepunkt aus der Krise» gewesen sein.
«Ich glaube, dass das schon ein Befreiungsschlag war», sagte der 49-Jährige: «Das ist ein Super-Startschuss. Das kann Energie freisetzen», meinte Mislintat und forderte: «Das müssen wir jetzt beweisen. Jetzt müssen wir daraus auch eine Kontinuität hinbekommen.»
Kalajdzic: «Sieg war extrem wichtig»
Den nächsten Abstieg zu vermeiden, bleibt eine komplizierte Aufgabe. Mit dem Auftritt gegen Gladbach aber ist der erhoffte Ligaverbleib wieder greifbarer. Der Relegationsplatz ist nur noch einen Punkt entfernt. «Wir haben gesehen, dass wir es können. Dieser Sieg war extrem wichtig», sagte Kalajdzic. «Wir sind jetzt wieder näher dran.»
Hätten die Schwaben an diesem 25. Spieltag wieder verloren, wie wäre dann wohl die Stimmung gewesen? Dass der Abstiegskonkurrent FC Augsburg am Freitagabend drei Punkte geholt hatte, hatte den Druck erhöht. Als der VfB dann 0:2 gegen Gladbach zurücklag, schien es auf den nächsten Rückschlag hinauszulaufen. Man sei «gefühlt abgestiegen» gewesen, sagte Mislintat. Das Ziel sei in weite Ferne gerückt.
Doch dann zeigten die Stuttgarter große Moral und lösten ein, was VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo seit Wochen verspricht: Sie gaben sich nicht auf, auch nach neun sieglosen Partien nicht. «Die Jungs haben gezeigt, dass wir mit dem Druck umgehen können», sagte Matarazzo, der trotz der Krise bisher nie zur Disposition stand. «Das kann was machen mit einer Mannschaft, wenn man so ein Spiel umdreht».
Gladbach extrem schwach
Die erschreckend lustlosen Gladbacher allerdings halfen auch mit, dass es für den ersten Sieg des VfB seit dem 2:0 in Wolfsburg am 11. Dezember reichte. «Sie haben uns vorgeführt», schimpfte Borussias Torhüter Yann Sommer über die zweite Hälfte. Bis auf die Tore von Alassane Plea (14.) und Marcus Thuram (35.) kam vom Tabellen-13. von Trainer Adi Hütter viel zu wenig. Die anfällige Defensive ließ den schnellen Anschluss von Wataru Endo (38.), den Ausgleich von Chris Führich (51.) und eben das VfB-Siegtor von Kalajdzic (83.) zu.
Kalajdzic war wieder fit für 90 Minuten. Mit seiner persönlichen Leidenszeit steht er sinnbildlich für die VfB-Saison. «Sasa weiß, dass er unser Stürmer ist, der uns zum Klassenerhalt schießen wird», hatte Matarazzo dennoch schon gesagt, als sein Torjäger nach der schweren Schulterverletzung und der kürzlich erlittenen Wadenblessur noch nicht die Puste für einen Startelf-Einsatz hatte. Ein Abstieg würde seinen Verbleib in Stuttgart noch unwahrscheinlicher machen. «Ich möchte nicht absteigen. Der Rest ist mir auf gut österreichisch wurscht», sagte Kalajdzic und räumte ein: «In der bisherigen Saison hatten wir irgendwie Angst zu gewinnen.»
Nun kann der VfB am kommenden Samstag mit einem Sieg beim 1. FC Union Berlin den Abstiegskonkurrenten Hertha BSC auf dem Relegationsplatz überholen und theoretisch sogar mit dem Tabellen-15. Arminia Bielefeld gleichziehen. «Das war ein Spiel, es tut gut. Weiter geht’s», sagte Matarazzo.