Nach der Lektion bei Ajax Amsterdam fiel den Spielern von Borussia Dortmund der Gang zu den eigenen Fans sichtlich schwer.
In der Abwehr desolat, im Aufbauspiel fahrig – in peinlicher Manier hatten die Dortmunder zuvor die Chance auf einen großen Schritt Richtung Champions-League-Achtelfinale verspielt. Das 0:4 (0:2) gegen Ajax Amsterdam glich für den überforderten Bundesliga-Zweiten phasenweise einer Lehrstunde und war die höchste Niederlage in der Dortmunder Champions-League-Geschichte. «So stand es nicht auf unseren Plan, dass wir so untergehen», meinte Kapitän Marco Reus im Streamingdienst Amazon Prime Video. «Wir waren nicht aggressiv genug.»
Nach seinem Eigentor (11. Minute) geriet der in allen Belangen unterlegene BVB am Dienstagabend völlig aus dem Tritt und war mit weiteren Gegentoren durch Daley Blind (25.), Antony (57.) und den Ex-Frankfurter Sebastien Haller (72.) vor 54.000 Zuschauern in der brodelnden Johan-Cruyff-Arena noch bestens bedient.
Zu viele einfache Fehler
«Ich habe den Spielern gesagt, die Quintessenz aus der Nummer ist, dass wir sehr, sehr viel arbeiten müssen, um uns zu verbessern und um unsere Ziele zu erreichen», sagte BVB-Trainer Marco Rose. «Wir haben heute zu viele einfache Fehler gemacht.» Nach dem zweiten Gegentor habe die Überzeugung gefehlt.
Durch den Sieg liegt der niederländische Meister in der Tabelle der Gruppe C nach bisher makelloser Bilanz zur Hälfte der Vorrunde mit drei Punkten vor dem Zweiten aus Dortmund (6 Punkte). Nur ein Sieg am 3. November daheim gegen Ajax kann verhindern, dass der avisierte Einzug in das Achtelfinale für den Revierclub noch zur Zitterpartie wird. Zuvor hatte Sporting Lissabon (3) das Parallel-Spiel der Gruppe bei Besiktas Istanbul (0) mit 4:1 (3:1) gewonnen.
In der heißblütigen Atmosphäre der Amsterdamer Arena geriet der BVB nach wenigen Minuten schon mächtig unter Druck. Erst klärte Abwehrchef Mats Hummels in höchster Not gegen Antony (9.), nur Sekunden später war BVB-Torhüter Gregor Kobel bei einem Schuss von Blind zur Stelle. Doch zwei Minuten später war auch Kobel machtlos. Nach einem Freistoß von Ajax-Kapitän Dusan Tadic spitzelte Reus den Ball unhaltbar für seinen Keeper ins Tor.
BVB-Abwehr überfordert
Der Treffer zeigte Wirkung bei den Gästen, bei denen Axel Witsel für Emre Can im Mittelfeld begann. Der Amsterdamer Tempofußball stürzte die überforderte BVB-Abwehr von einer Verlegenheit in die andere. Beinahe logische Folge war Ajax‘ 2:0 durch Blinds Schuss von der Strafraumgrenze nach einem Fehler von Hummels.
In der Folgezeit hatten die Dortmunder Glück, dass sie vor der Pause nicht noch weiter in Rückstand gerieten: Steven Berghuis (29.) verzog nach schöner Kombination nur knapp, Haller (32.) scheiterte kurz darauf erneut an Kobel.
Von der Dortmunder Offensive mit Ausnahmestürmer Erling Haaland war nichts zu sehen. Der Norweger war vorne beinahe auf sich allein gestellt, kaum ein Pass erreichte ihn. Erst in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit kam Haaland erstmals frei zum Schuss. Doch Amsterdams Schlussmann Remko Pasveer wehrte den Ball ab.
Haaland trifft die Latte
BVB-Trainer Marco Rose reagierte, brachte Can für Nico Schulz, der auf seiner linken Seite den agilen Antony kaum stoppen konnte. Die Kräfteverhältnisse blieben, auch wenn Haaland (48.) bei der besten Dortmunder Chance nach starkem Hummels-Pass nur die Latte traf.
Ajax beeindruckte das nicht und wirbelte weiter. Erneut war es BVB-Keeper Kobel, der den Schuss des 19-jährigen Ryan Gravenberch (49.) aus kurzer Entfernung parierte. Doch als Can den Brasilianer Antony nicht angriff, schlenzte dieser den Ball gekonnt ins Eck.
Zwar kamen die Westfalen noch zu Möglichkeiten durch Jude Bellingham (59.) und wieder Haaland (67.). Beide Male hielt Ajax-Torwart Pasveer. Für Dortmund kam es noch schlimmer. Amsterdams Haller setzte mit seinem sechsten Treffer in dieser Champions-League-Saison den Schlusspunkt hinter das BVB-Debakel.