Die Sonne brennt gnadenlos. Um 11.00 Uhr morgens, wenn eigentlich schon die ersten Gruppenspiele angepfiffen würden, zeigt das Thermometer über 40 Grad Celsius. Warten aufs Taxi im Freien – davon wird dringend abgeraten.
Zwischendurch kurz raus aus dem Stadion – schon eilen Mitarbeiter im überdachten Caddy vorbei, bitten, wieder reinzugehen und bieten sogar eine Mitfahrgelegenheit an. Also, rein ins Stadion, rein in die klimatisierten Arenen dieser höchst umstrittenen Fußball-Weltmeisterschaft in Katar.
Wer sich noch gefragt hat, warum statt im Sommer diese WM im Spätherbst angepfiffen wird, bekommt die letzten Antworten bei den interkontinentalen Playoffs um die letzten beiden WM-Plätze. Eigens angereiste peruanische Fans machten vor dem bitteren Aus im Elfmeterschießen gegen Australien eine kühle Shopping Mall zum Party-Ort. Szenen wie bei anderen Weltmeisterschaften, so auch beim Sommermärchen in Deutschland 2006, mit feiernden Fans auf großen freien Plätzen – unvorstellbar. Jedenfalls im Sommer, wenn normalerweise und seit 1930 Fußball-Weltmeisterschaft angepfiffen wurden.
Kühler im November und Dezember
Wenn sich Menschen tagsüber auf den Straßen bewegen, dann nur in ebenfalls runtergekühlten Autos. «Die Bedingungen außerhalb sind extrem herausfordernd», sagt Neuseelands Trainer Danny Hay. Im Stadion aber seien die Temperaturen sehr angenehm. «Es ist eine komplett andere Erfahrung», betonte sein australischer Kollege Graham Arnold. Im Juni und Juli liegt die Durchschnittstemperatur bei rund 35 Grad. Im November und Dezember, wenn in Katar der WM-Ball rollen wird, sieht das anders aus mit rund 25 und 20 Grad.
Sich auf ein schnelles kühles Bierchen im Stadion treffen, wird aber auch dann schwierig. Alkohol gehört nicht zur Kultur. Feuchtfröhliche Fußballabende sind Katar fremd – Gastfreundschaft aber nicht, betonen die Organisatoren.
Deswegen soll Bier auch zugänglich gemacht werden, so der Plan. Zu moderateren Preisen als sonst und nur an bestimmten Orten. «Trunkenheit und der Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit sind verboten, ebenso wie die Einfuhr von Alkohol nach Katar», heißt es auf der Internetseite des deutschen Auswärtigen Amt.
An einer Lösung ist auch einer der Hauptsponsoren der Weltverbandes FIFA interessiert – die als größte Brauereigruppe geltende Anheuser-Busch InBev. Gearbeitet wird wohl an einem Plan, niedrigprozentigeren Gerstensaft in den Stadien anzubieten.
Die Fans, die zu den Playoffs in den Wüstenstaat reisten, störten diese Diskussionen weniger. Manche waren über mehrere Tage geflogen, einer aus Lima mit Stopp in Madrid, einer weiteren Nacht in Istanbul. Ein anderer Fan kam aus Miami. Manche aus Europa. Wer mit der landeseigenen Fluglinie in Doha landete, bekam auch die Sicherheitseinweisung für die Schwimmweste im Einspieler von Weltfußballer Robert Lewandowski.
WM der kurzen Wege
Einmal angekommen in Katar, lieferten die Fans einen WM-Vorgeschmack. Es wird die WM der kurzen Wege, die Stadien trennen nur wenige Stunden Reisezeit. Die Fahrgelegenheiten hatten Hochkonjunktur neben der Metro, die unmittelbar neben dem Ahmad Bin Ali Stadion Station macht.
Also auch ein Land-und-Leute-Trip? Es sei auch eine sehr gute Gelegenheit, in Kontakt mit der arabischen Kultur zu kommen, erzählt eine Peruanerin: «In Südamerika wissen wir nicht viel darüber.»
Diskussionen über die Sinnhaftigkeit einer Fußball-Weltmeisterschaft, kurz vor Weihnachten, wenn in Deutschland der Glühwein gebrüht wird, spielten erstmal keine Rolle für die Fans. In einem Land, in dem Homosexualität gesetzlich verboten und mit bis zu sieben Jahren Haft bestraft werden kann. In einem Land, in dem nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen die Rechte von Menschen nach wie vor missachtet werden und Arbeitsmigranten auch im vergangenen Jahr noch trotz staatlicher Reformen «weiterhin von Ausbeutung betroffen» gewesen seien. Hauptsache, der Ball rollt.