So wie einst als Torjäger geht Miroslav Klose auch seine erste Station als Cheftrainer in der Fußball-Provinz an.
Bei seiner Vorstellung beim österreichischen Dorfverein SCR Altach gab sich der WM-Rekordtorjäger entschlossen, selbstbewusst und fokussiert. «Ich bin überzeugt, dass wir recht schnell nach vorne kommen werden», verkündete Klose beherzt: «Ich setze mich sehr unter Druck. Ich habe klare Vorstellungen.»
Einfach dürfte sein Einstieg als Chefcoach kaum werden. Der Club aus der 7000-Seelen-Gemeinde im Bundesland Vorarlberg direkt an der Grenze zur Schweiz rettete sich in der vergangenen Saison erst zum Ende unter Kloses früherem Mitspieler Ludovic Magnin vor dem Abstieg. «Diese Saison hat Spuren hinterlassen», räumte Altachs Geschäftsführer Christoph Längle ein. Magnin, mit dem Klose einst bei Werder Bremen kickte, wechselte lieber zurück in seine Schweizer Heimat nach Lausanne. Klose aber ist voller Vorfreude und klang fast euphorisch. «Ich bin hier und freue mich unheimlich», sagte der 44-Jährige und sprach wiederholt von einem «riesen Gefühl».
«Darf arbeiten, wo andere Urlaub machen»
Mit der Verkündung der Trainer-Personalie sorgte Altach am vergangenen Freitag für Euphorie – offenbar mit Kalkül. «Das ist eine Aufwertung für uns als Club und Region», befand Längle. «Mit Miro wird der Club sicher ein Stück größer werden.»
Klose selbst empfindet dies weniger als Bürde denn als Motivation – auch wenn er als Grund für sein Engagement in Altach so trocken wie simpel formulierte: «Wenn ich ehrlich bin: Ich darf jetzt da arbeiten, wo andere Urlaub machen.» Dennoch ist ihm die Wirkung seines Namens für das Umfeld durchaus bewusst, was Klose freut. «Ich hatte bei den Gesprächen von Anfang an ein super Gefühl. Hier wollen die Leute, dass etwas entsteht», sagte der Weltmeister von 2014.
Klose will den unbequemen Weg gehen
Ob der Anspruch der früheren Weltstars als Fußballer und die Realität beim Fast-Absteiger der Vorsaison indes zusammen passen, muss sich zeigen. «Es ist zweifelsfrei sehr viel Euphorie entstanden. Wir werden trotzdem jetzt nicht mit Luftschlössern beginnen», sagte Längle. Und Klose schien sich bei aller Vorfreude selbst etwas bremsen zu müssen. «Ich muss wahrscheinlich von meinen Erwartungen runter kommen», sagte Klose, der seine Karriere als Spieler einst selbst recht provinziell in der Pfalz begann.
Auch jetzt entschied er sich nach einem Jahr Auszeit auch aus gesundheitlichen Gründen nach seinem Job als Co-Trainer des jetzigen Bundestrainers Hansi Flick beim FC Bayern München ganz bewusst für den Gang nach Altach. Klose hätte auch weiter in Flicks Trainerteam bei der Nationalmannschaft arbeiten können. «Co-Trainer wäre der bequemere Weg, und den will ich nicht gehen», hatte Klose zuletzt aber bereits verkündet.
Nun scheint er die Gefahr eines «Kulturschocks», den ihm die «Neue Vorarlberger Tageszeitung» prophezeite, nicht zu scheuen. «Für den ein oder anderen scheint das vielleicht nicht passend und sogar abstrus zu sein», räumte Längle ein. Klose indes vermittelte den Eindruck, genau zu wissen, auf was er sich einlässt und was er tut.