Hinten anfällig, vorne harmlos und ohne Ideen: Spätestens die ernüchternde Niederlage gegen den SC Freiburg dürfte Thomas Reis endgültig klargemacht haben, auf welch schwierige Aufgabe er sich als Trainer des FC Schalke 04 eingelassen hat.
Der neue Coach des Bundesliga-Letzten bemühte sich nach dem 0:2 zwar, das Positive bei seinem Team hervorzuheben und sagte: «Ich habe eine Mannschaft gesehen, die zumindest alles investiert hat.» Die fußballerische Unterlegenheit des Aufsteigers dürfte ihn jedoch alarmiert haben.
«Wichtig ist erstmal, dass eine Entwicklung stattfindet»
Technische Fehler und Ungenauigkeiten im Spiel nach vorne verhinderten fast jede Torgefahr. «Wir sind im Vorwärtsgang und dann spielst du die Bälle ins Aus statt zum Mitspieler», nannte Reis als Beispiel. Der 49-Jährige, der erst drei Tage vor der Partie als neuer Trainer präsentiert worden war, bemängelte zudem inkonsequente Zweikampfführung beim 0:1 durch Vincenzo Grifo und vor dem Foul, das zu einem Strafstoß und damit letztendlich zu Grifos zweitem Treffer am Sonntag führte. «Die Zweikämpfe darfst du nicht verlieren. Da musst du rigoroser rangehen», sagte er.
Unter anderem daran und am Umschaltspiel will er in seiner ersten vollen Trainingswoche als S04-Coach arbeiten. In der Winterpause könnte S04 zudem auf dem Transfermarkt noch einmal tätig werden. Immer wieder wird deutlich, dass es bei sich bietenden Chancen in der Offensive an Geschwindigkeit mangelt.
«Gedankengänge habe ich, aber die teile ich erst mit Peter», sagte Reis mit Blick auf mögliche Verpflichtungen in der WM-Unterbrechung ab Mitte November, die er mit Sportvorstand Peter Knäbel besprechen will. Der 56-Jährige übernimmt nach dem überraschenden Rückzug aus persönlichen Gründen von Sportdirektor Rouven Schröder vorerst dessen Aufgaben.
«Wichtig ist erstmal, dass man vor der Pause sieht, dass trotzdem eine Entwicklung stattfindet», sagte Reis. «Danach werden wir schauen, wo wir der Meinung sind: Das könnte dem Verein helfen, das könnte der Mannschaft helfen.» Der enge finanzielle Rahmen des klammen Revierclubs schränkt die Möglichkeiten allerdings ein.
Die Zuschauer haben ein sehr feines Gespür
Positiv stimmt den Coach neben der Einsatzbereitschaft seines Teams der Zusammenhalt auf Schalke. Nach der siebten Pflichtspielniederlage der Gelsenkirchener in Serie, gab es nicht etwa Pfiffe aus der Fankurve. Die Anhänger unterstützten ihr Team auch nach Abpfiff lautstark. «Ich finde, dass die Zuschauer ein sehr feines Gespür haben. Sie kennen die Situation», sagte Reis dazu.
Auch Linksverteidiger Thomas Ouwejan, der schon in der ersten Hälfte wegen Knieproblemen ausgewechselt werden musste, freute sich über die positive Atmosphäre auf den Rängen. «Wir bekommen extra Energie von den Fans», sagte Ouwejan. «Dass sie immer noch so hinter uns stehen, ist unglaublich. Wir hoffen, dass das so bleibt.»
Vor dem Spiel hatten die Anhänger in der Nordkurve die Mannschaft mit einer großen Choreografie begrüßt und dabei auch Rauchtöpfe abgebrannt. Weil der blaue Rauch nicht gut abzog und die Sicht etwas behinderte, musste die Partie in der Anfangsphase kurz unterbrochen werden. Die Choreografie war zwar genehmigt, die im Stadion verbotenen Rauchtöpfe waren es jedoch nicht. Polizei und Feuerwehr wollen nun «bis auf Weiteres» dem Sicherheitskonzept des Vereins nicht mehr zustimmen, sobald Choreografien angemeldet werden. Der Verein kündigte an, den Dialog mit allen Beteiligten zu suchen. Die Frage nach der Durchführung weiterer Choreografien stelle sich «zum jetzigen Zeitpunkt nicht».