Bakéry Jatta und Tom Mickel saßen auf der Spielerbank des HSV, die Gesichter in den Händen vergraben. Kapitän Sebastian Schonlau hielt die tröstende Umarmung von Trainer Tim Walter nicht lange aus, sonst wären ihm die Tränen gekommen.
Der Hamburger SV hat beim 0:2 im Relegations-Rückspiel gegen Bundesligist Hertha BSC den nächsten bitteren Rückschlag erlebt, im Mai 2018 waren die Hanseaten abgestiegen. «Das tut einfach weh», gestand Schonlau mit traurigen Augen.
Nun steht der Verein vor seiner fünften Saison in Liga zwei und ist dort vom anfänglichen Gast zum Stammpersonal geworden. Kein Bayern München, kein Borussia Dortmund, kein RB Leipzig. Wieder Sandhausen, wieder Regensburg, wieder Paderborn. Uwe Seeler verliert die Geduld aber nicht. «Sie müssen die Mannschaft weiter aufbauen und gezielt verstärken. Dann können sie einen neuen Anlauf nehmen, und dann schaffen sie es hoffentlich», sagte die Vereinsikone der Deutschen Presse-Agentur.
Versöhnung mit den Fans
Die Fans haben unmittelbar nach der bitteren Niederlage abgestimmt über die Zukunft des eingeschlagenen Kurses ohne Neustart mit neuem Führungspersonal. Die Nordkurve verabschiedete das Team mit Beifall, Sprechchören und Spruchbändern. «Wir hätten den Leuten gerne viel, viel mehr zurückgegeben», sagte Schonlau und verkündete: «Ich glaube schon, dass wirklich was zusammenwächst hier bei uns in der Truppe, im gesamten Verein, mit den Fans, wo wir gut drauf aufbauen können.» Daran kann der Aufsichtsrat mit Ex-Profi Marcell Jansen bei seiner bevorstehenden Analyse nicht vorbei.
Mit dem Saisonfinale von fünf Siegen, dem Aufholen von sieben Punkten und dem Einzug in die Relegation hat der Walter-Fußball in Hamburg immer mehr Fürsprecher gefunden. Unglücklich, dass ausgerechnet am letzten und entscheidenden Abend der Saison von dieser Art Fußball nichts zu sehen war. Und die Zeit ist so kurz wie noch nie bis zum Saisonstart in der 2. Liga (15. Juli). Wäre der Aufstieg geglückt, hätte das Team drei Wochen mehr Zeit gehabt.
Boldt will mit Walter weitermachen
«Ich denke, an diesem Weg festzuhalten und darauf aufzubauen, das sollte das Ziel sein», sagte Sportvorstand Jonas Boldt, dessen Schicksal nach dreijähriger HSV-Aufbauarbeit mit dem Walters verknüpft ist.
Der Verein, der seit elf Jahren kontinuierlich Millionenlöcher in seinen Etats hinterlässt, hat auf gewaltige Einnahmesteigerung durch die Bundesliga-Rückkehr gesetzt. Allein die TV-Gelder hätten sich von derzeit 15 auf 30 Millionen Euro erhöht. Um jetzt anders an Geld zu kommen, könnten nun Talente wie die 21-jährigen Josha Vagnoman und Anssi Suhonen verkauft werden. Walter will davon ungerührt weitermachen: «Wir haben was angestoßen, aber sind noch lange nicht am Ende. Wir sind einfach noch nicht fertig.»