«Spanische Sinfonie.» «Ein brutales Spanien.» «Olé, olé!» Die euphorischen Schlagzeilen in der Heimat nach dem Torrausch des Weltmeisters von 2010 verdeutlichen nach dem 7:0-Spektakel gegen Costa Rica, was die deutsche Mannschaft im zweiten Gruppenspiel bei der WM in Katar erwartet.
Der Begriff Angstgegner dürfte vor der Partie am Sonntag (20.00 Uhr/ZDF und MagentaTV) selten so wenig abgedroschen sein für die DFB-Auswahl wie bei diesem Spanien. Auch die Worte von Trainer Luis Enrique versprechen wenig Gutes für seinen Kollegen Hansi Flick.
«Ich habe keine Zweifel, dass wir gegen Deutschland mit der gleichen Intensität antreten werden – oder sogar noch größerer», sagte der 52-Jährige nach dem höchsten WM-Sieg der spanischen Fußball-Geschichte. Natürlich warnte Enrique auch vor dem altbekannten Rivalen: «Wir werden morgen die Ersten beim Training sein, um das Spiel gegen Deutschland vorzubereiten. Lob schwächt, das wissen wir. Aber werden nicht darauf hereinfallen.»
Presse ist begeistert
«Zum Träumen», titelte «As» nach der Gala-Vorstellung des Titelkandidaten zum Auftakt. Das Portal «Mundo Deportivo» twitterte schon unmittelbar nach dem Schlusspfiff: «In Deutschland rufen sie Hilfe.» Während das Team von Hansi Flick nach der Japan-Pleite zum Sieg verdammt ist, hat Spanien erst einmal keinen Druck.
Wie aus einem Guss agierte der dreimalige Europameister gegen den Außenseiter aus Mittelamerika und landete eine «Goleada», einen Torsegen. Der spanische König Felipe VI. besuchte danach die Sieger in der Kabine und sagte laut Medienberichten: «Noch nie habe ich so ein Spiel erlebt, mit so einem Ergebnis. Das Ergebnis ist wichtig, aber die Selección so spielen zu sehen, war ein wahrer Genuss.» Er habe keinen einzigen Fehler entdeckt, sagte der Monarch noch, wobei Enrique ihm widersprochen haben soll.
Die 40.013 Besucher im Al Thumama Stadium taten sich jedenfalls schwer damit, am Spiel der Spanier irgendeine Holprigkeit zu entdecken. Zu dominant war ihr Auftritt, zu schön anzusehen der Spielfluss. Vorne tauschten die schnellen Angreifer Ferrán Torres (FC Barcelona), Marco Asensio (Real Madrid) und Dani Olmo (RB Leipzig) immer wieder die Positionen, dahinter wirbelten die Barça-Jungprofis Pedri und Gavi, gerade mal 18 und von Freitag an 20 Jahre alt.
Supertalent überzeugt
Gavi nahm später im weißen Hemd und Anzug die Trophäe als «Man of the match» entgegen. Zudem hatte er sich mit 18 Jahren und 110 Tagen zum jüngster WM-Torschützen hinter dem legendären Pelé gekürt, der 1958 in Schweden 17 Jahre und 249 Tage alt war. Die meisten Ratschläge bekäme er von Kapitän Sergio Busquets, verriet Supertalent Gavi, auf dem Rasen elegant, ballsicher wie kaum ein Zweiter und weitsichtig, abseits davon eher schüchtern. «Ich bin der jüngste in der Mannschaft und habe vor allen höchsten Respekt. Auf dem Platz ist es eine andere Sache: Da habe ich kein Alter.»
«Er ist erst 18 Jahre alt, er hat aber die Persönlichkeit von einem erfahrenen Spieler», sagte sein Trainer. Der 52 Jahre alte Ex-Nationalspieler prophezeite: «Ich denke, er wird einer der Stars des Weltfußballs werden.»
Sonderlob von Enrique
Selbst ein Routinier wie Jordi Alba glänzte inmitten von Gavi und Co. Der 33 Jahre alte Außenverteidiger erhielt ein Sonderlob von Enrique: «Jordi Alba ist der beste Linksverteidiger mit dem besten letzten Pass und er war an allen Toren beteiligt. Er war spektakulär.» Albas Barcelona-Kollege Torres stand bei seinem Club zuletzt oft im Schatten von Robert Lewandowski, spielte aber ebenso groß auf.
«Ich weiß nicht, ob wir WM-Favorit sind, aber wir haben sicherlich gute Chancen. Wir haben große Lust, etwas Großes zu schaffen», sagte der 22 Jahre alte Doppel-Torschütze. Der deutschen Mannschaft ist er nur zu gut beziehungsweise schlecht in Erinnerung: Beim 6:0 der «La Roja» 2020 gegen Deutschland traf er dreifach.
Die Iberer sind die einzige große Fußball-Nation, gegen die DFB-Auswahl in diesem Jahrtausend kein Pflichtspiel gewinnen konnte. Der letzte Sieg liegt mehr als 34 Jahre zurück. «Dieses Ergebnis stärkt uns alle. Aber jetzt kommt Deutschland und das wird kompliziert», sagte Chefcoach Enrique vor dem Schlager im Al-Bait-Stadion. «Aber unsere Mannschaft wird sich nicht zurücklehnen und ohne Wenn und Aber spielen.»