Im Hype um Weltfußballer Robert Lewandowski ließ sich Pokerface Julian Nagelsmann nichts entlocken.
«Die Haltung vom Club, meine Haltung zu Robert ist bekannt, die vertragliche Situation ist bekannt», sagte Nagelsmann zwei Tage vor der abschließenden Meisterparty des FC Bayern vor Tausenden auf dem Münchner Marienplatz.
Im Wirbel um einen möglichen Mega-Transfer des Abonnement-Torschützenkönigs der Bundesliga zum FC Barcelona mutmaßen viele, dass sich Lewandowski trotz Vertrages bis zum 30. Juni 2023 am Sonntag letztmals auf dem Rathausbalkon von einer rot-weißen Bayern-Schar feiern lassen könnte. Wenngleich es ein erneutes Nein aus der Münchner Chefetage gibt.
Auch betonte Nagelsmann am Freitag, dass Lewandowski «ganz normal» in seinen Planungen für die neue Saison sei und er die «Gedanken» des Spielers kenne. Doch der Verweis, dass man sich für weitere Dinge an Sportvorstand Hasan Salihamidzic oder den Superstar selbst wenden solle, ließ reichlich Raum für Spekulationen. Die spannende Stürmerfrage ist auch eine wichtige Management-Prüfung. Wie lösen Salihamidzic und Vorstandschef Oliver Kahn die knifflige Lewandowski-Causa? Und sollte er wirklich nach acht Jahren gehen – wen holt sich der FC Bayern als Nachfolger?
Nagelsmann spricht von einer «heißen Planungsphase»
Präsident und Aufsichtsratschef Herbert Hainer schloss nach dem neuesten Wirbel um den Weltfußballer einen Wechsel in diesem Sommer aus. «Robert Lewandowski hat beim FC Bayern einen Vertrag bis zum 30. Juni 2023. Und den wird er erfüllen», sagte Hainer bei «Merkur» und «tz» (Wochenendausgabe).
Nagelsmann hob hervor, dass man sich in der «heißen Planungsphase» der neuen Saison befände, für die er sich zumindest schon auf Noussair Mazraoui von Ajax Amsterdam freut. Ein Veto-Recht, selbst bei einer Königspersonalie wie der von Lewandowski, will der Münchner Jungcoach sich nicht rausnehmen. «Für irgendwas ein Veto einzulegen oder für irgendwas einen klaren Riegel vorzuschieben und zu sagen, nur so und in diese Richtung läuft es, dafür bin ich der falsche Mann», sagte Nagelsmann. «Das ist immer ein Zusammenspiel zwischen Brazzo (Salihamidzic), mir und (Vorstandschef) Oliver Kahn, solche Dinge zu entscheiden.»
Salihamidzic und Kahn müssen sich nach den Enttäuschungen in Champions League und DFB-Pokal auch am Erfolg dieser Transferperiode messen lassen. In Dauerschleife werden die Münchner bei ihren Meisterfeiertagen, in denen Nagelsmann als Titelnovize nicht «eskalieren» und kein «Feierbiest» sein will, von der Lewandowski-Personalie begleitet. Die Berichte von «Bild», «Kicker» und «Sport1» über die neuen Planungen des 33 Jahre alten polnischen Nationalstürmers befeuerten die brisante Personalie weiter.
Ablösesumme für Lewandowski liegt wohl bei 40 Millionen Euro
Der Bayern-Topverdiener will angeblich nicht nur seinen in einem guten Jahr auslaufenden Vertrag nicht verlängern, sondern schon in diesem Sommer weg. Es heißt, dass ein vorzeitiger Abschied bei einer Ablöse von um die 40 Millionen Euro zu einem Thema werden könnte.
Seine Tore sollen den langjährigen Lionel-Messi-Club Barcelona wieder in die absolute Spitze führen. Ein hochdotierter Dreijahresvertrag, bei dessen Ende Lewandowski dann fast 37 Jahre alt wäre, ist im Gespräch. So lange wollen sich die Bayern – Stand jetzt – nicht festlegen. Ein Einjahresvertrag wie jüngst für Thomas Müller und wohl bald auch für Kapitän Manuel Neuer ist für Lewandowski inakzeptabel.
Der katalanische Club ist aber nicht nur sportlich, sondern mit Schulden in Höhe von 1,35 Milliarden Euro auch finanziell schwer angeschlagen. Die passende Summe, um Lewandowski wirklich zu holen, fehlt Barça (noch). 20 Millionen Euro nahm der Club durch den Verkauf von Ex-Bayern-Profi Philippe Coutinho an Aston Villa ein. Eine weitere üppige Millionensumme könnte folgen, wenn Frenkie de Jong zu Manchester United wechselt.
Jeder Euro wird für das Prestige-Geschäft mit Lewandowski zusammengekratzt. «Die Tür ist offen», titelte am Freitag die katalanische Fachzeitung «Mundo Deportivo». Das Konkurrenzblatt «Sport» schrieb: «Lewandowski beginnt, Barça näherzukommen.»
Wiederholt wurde zuletzt über einen in München verstimmten Lewandowski berichtet. «Er hat sich über die offensive Ausrichtung nicht beschwert», wiegelte Nagelsmann zumindest in diesem Punkt ab.
Verhandlungen mit Haaland missfielen Lewandowski
Eine erste Gesprächsrunde zwischen dem deutschen Rekordmeister und Lewandowskis Berater Pini Zahavi soll laut Bayern-Aussagen gut verlaufen sein. Danach gab es aber letztlich mehr statt weniger Brisanz in der Frage nach der Zukunft des Polen. Dass sich die Münchner angeblich bis zum Schluss um einen Transfer von BVB-Star Erling Haaland bemüht haben sollen, schmeckte dem zum Weltbesten seiner Zunft gekürten Lewandowski überhaupt nicht. Haaland schießt künftig für Manchester City seine Tore.
Lewandowski habe «sehr gut trainiert» und ein «paar gute Tore» gemacht, berichtete Nagelsmann vor dem Spiel beim VfL Wolfsburg an diesem Samstag. Der 34-Jährige unterhält sich in diesen aufgeregten Tagen nach eigener Aussage «nicht mehr» mit dem fast gleichaltrigen Spieler als sonst auch. «Ich weiß, wie seine Gedanken sind, und ich weiß, wie meine Haltung und meine Gedanken sind – das müssen wir nicht jeden Tag auffrischen.» Nagelsmann betonte immer wieder, wie wichtig Lewandowski für ihn sei. Salihamidzic schloss ebenso oft einen vorzeitigen Abschied in diesem Sommer aus – was sich aber am Ende als branchenübliche Gepflogenheit erweisen könnte.
Beim möglichen Lewandowski-Deal dürfte aber neben der Ablösesumme auch die Aussicht auf den Nachfolger entscheidend sein. Spekuliert wurde unter anderem schon über Sébastien Haller von Ajax Amsterdam, Leverkusens Patrik Schick oder Darwin Núñez von Benfica Lissabon.
«Niemand weiß, wie die Bayern-Führung reagieren wird. Für Kahn und Salihamidzic ist es zweifelsohne ein Imageschaden, für Trainer Julian Nagelsmann ein sportlicher Verlust. Denn man kann einen Spieler, der 50 Tore pro Saison schießt, nicht einfach ersetzen. Das ist einfach unrealistisch, wie das Beispiel von Messi zeigt, der bei Barcelona überragend war und bei PSG nur Durchschnitt ist», schrieb die Zeitung «Przeglad Sportowy» in Polen. Die Herausforderung wäre für Lewandowski riesengroß, ausgerechnet den Ex-Club von Messi wieder in die absolute Spitze zu schießen.