Beim Blick auf das Football-Stadion der New England Patriots nahmen Mats Hummels und Thomas Müller auf der Terrasse des Teamhotels nicht übermütig auch noch die nächste Weltmeisterschaft ins Visier.
Das imposante Gillette Stadium in Foxborough wird 2026 einer der Spielorte bei dem Mammutturnier in den USA, Mexiko und Kanada sein. Die Sehnsuchtsorte der Gegenwart liegen für das bei der Fußball-Nationalmannschaft zum Start von Bundestrainer Julian Nagelsmann wieder vereinte Weltmeister-Duo von 2014 eher in Deutschland: Bei der Heim-EM 2024 wollen beide unbedingt aktiv dabei sein.
«Ich habe nicht vor, 2028 und 2030 noch irgendwelche Turniere zu spielen», sagte Hummels in Foxborough zu seiner Zukunftsplanung mit knapp 35 Jahren. Dann wechselte er zum Wir, als er kurzerhand auch für den 34-jährigen Müller die EM zum Ziel erklärte: «Wir greifen jetzt nochmal richtig an für den Sommer. Dann schauen wir mal, was das gibt.»
«Aufwand ist mit jedem Jahr mehr geworden»
Erstmal aber genießt Rückkehrer Hummels auf der USA-Reise jeden Tag und jedes Training im DFB-Kreis. «Rundum glücklich» fühlt er sich bei seinem Comeback, für das er hart gearbeitet hat, seine Ernährung umstellte und viel Arbeit in seinen Körper investierte.
«Der Aufwand ist mit jedem Jahr mehr geworden. Ernährung, Training im Gym, Therapie beim Physiotherapeuten – man muss einen großen Aufwand betreiben körperlich, um noch mitzuhalten mit den 20-Jährigen», schilderte Hummels. Wer dem Abwehrspieler in Amerika auf dem Trainingsplatz bei Zweikämpfen mit den Jüngeren zusah, war beeindruckt. Auch Bayern-Profi Müller staunte über den Dortmunder Kumpel: «Man muss auch sagen, dass Mats viele gar nicht zugetraut hätten, dass er vor allem körperlich noch einmal in einen so guten Zustand kommt.» Es klang schon so, als zählte Müller auch sich dazu.
Über 27 Monate nach seinem 76. Länderspiel beim EM-Achtelfinal-Aus gegen England in Wembley dürfte Hummels am Samstag (21.00 Uhr/RTL) in Hartford gegen die USA wieder im Nationaltrikot auflaufen. Nagelsmann setzt bei seinem Länderspiel-Debüt als Chefcoach auf den Teamsenior als Führungsfigur im Abwehrzentrum. Hummels meldete sich «bereit, wenn ich gefordert bin». Er will Nagelsmann beweisen, dass die Rückholaktion im Hinblick auf das Heimturnier 2024 die richtige Entscheidung war. «Klar erwartet er das, dass ich auf dem Spielfeld die Organisation mit übernehme. Eine Rolle, die ich gerne einnehme, weil sie in meinem Naturell liegt.»
2019 ausgemustert, 2021 zurückgeholt
Hummels und Müller verbindet seit mehr als einem Jahrzehnt Freud und Leid rund um das DFB-Team. 2014 wurden sie in Brasilien Weltmeister. Vier Jahre später verantworteten sie in Russland als Stammkräfte das erste deutsche WM-Vorrunden-Aus mit. 2019 musterte sie Bundestrainer Joachim Löw aus. Zwei Jahre später holte er sie kurz vorm Turnier für die missglückte EM 2021 zurück. Bei Hansi Flick war Hummels im Gegensatz zu Müller danach nicht mehr gefragt. Nach dessen Ablösung aber ist plötzlich auch Hummels wieder dabei, nachdem Müller schon im September erstmals nach der WM in Katar wieder zum Einsatz kam und beim 2:1 gegen Vize-Weltmeister Frankreich sein 45. Länderspieltor schoss. Übrigens vor den Augen von Hummels, der in Dortmund auf der Tribüne zuschaute.
«Mats und ich sind so ein bisschen im Parallelflug unterwegs», bemerkte Müller zur erneuten Wiedervereinigung beim DFB. Zum extremen Auf und Ab im schnelllebigen Fußballgeschäft ergänzte er: «Mats und ich haben das Spielchen ja schon mitgemacht von: brauchen wir nicht mehr, bloß nie wieder einladen, zu: Die brauchen wir unbedingt.»
Richtung Heim-EM scheint der junge Nagelsmann (36) die alten Wortführer noch einmal brauchen zu können. «Julian kennt mich», bemerkte Müller zur gemeinsamen Bayern-Zeit, die erst ein gutes halbes Jahr zurückliegt. Er will möglichst oft auf dem Platz, aber auch daneben so gut es geht helfen. «Meine Rolle ist die, die es schon immer war. Ich bin zu allen Schandtaten bereit. Wenn ich Linksverteidiger spielen soll, spiele ich auch Linksverteidiger, auch wenn das jetzt keine gute Idee wäre», scherzte Müller.
Übrigens: Einen ganz wichtigen Sieg gegen die USA hat das Duo auch schon gemeinsam erarbeitet und gefeiert. Auf dem Weg zum WM-Triumph in Brasilien 2014 gewannen sie mit dem DFB-Team das letzte Gruppenspiel im Starkregen von Recife durch ein Müller-Tor gegen die damals von Jürgen Klinsmann trainierten US-Boys mit 1:0. Vielleicht können die beiden Weggefährten das auf ihrem Parallelflug in Hartford ja wiederholen.