Entschlossen und hochmotiviert betrat Sebastian Hoeneß bei seiner Vorstellung als neuer Trainer des VfB Stuttgart das Podium.
Der Nachfolger des am Montag freigestellten Bruno Labbadia soll den Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga vor dem dritten Abstieg seit 2016 bewahren. «Wir sind fest davon überzeugt, dass er der richtige Trainer ist», sagte der Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle.
Diese Worte klangen ähnlich wie jene, die Wehrle auch bei Labbadias Vorstellung vier Monate zuvor gewählt hatte. Nun hofft der 48-Jährige erneut auf die ersehnte Kehrtwende. Hoeneß ist nach Pellegrino Matarazzo, Interimstrainer Michael Wimmer und Labbadia schon der vierte Coach in Wehrles etwas mehr als einjähriger Zeit als Vorstandschef der Schwaben. Nur in der Saison 1998/99 hatten sie schon einmal vier Trainer in einer Bundesliga-Spielzeit engagiert. Die Lage des Clubs ist prekär – und auch Wehrle steht zunehmend unter Druck.
Neu-Coach Hoeneß, der seit dem 30. Juni 2022 ohne Verein war, gehörte bereits nach der Trennung von Matarazzo im Oktober zu den Kandidaten, mit denen sich die VfB-Führung auseinandergesetzt hatte. Damals entschieden sich Wehrle und Wohlgemuth-Vorgänger Sven Mislintat nach einem Telefonat mit Sebastian Hoeneß‘ Vater und Berater Dieter dazu, den direkten Kontakt zum früheren Coach der TSG 1899 Hoffenheim nicht zu suchen. «Es ist ja bekannt, dass es damals eine andere sportliche Konstellation gab und deshalb gab es auch keine Gespräche mit Sebastian zum damaligen Zeitpunkt», erklärte Wehrle.
Pokal-Viertelfinale gegen 1. FC Nürnberg
Inzwischen hat sich die Situation verändert. Der VfB steht in der Liga noch schlechter da und bestreitet am Mittwoch (18.00 Uhr/Sky) im Viertelfinale des DFB-Pokals beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg kurioserweise das vierte Pokalspiel in dieser Saison mit dem vierten Trainer.
Überrascht sei Hoeneß nicht gewesen, als sich die VfB-Bosse mit ihm in Verbindung gesetzt hatten, sagte er selbst. Stattdessen habe er sich gefreut. Der 40-Jährige machte bei seiner Präsentation am Dienstag einen frischen und ausgeruhten Eindruck. Auch wirkte Hoeneß, der in der Jugend selbst für den VfB gespielt hat, aufmerksam – zum Beispiel als Stuttgarts Pressesprecher das Wort voreilig an einen Journalisten weitergeben wollte. Hoeneß unterbrach ihn, weil er einen Teil der vorangegangenen Frage noch nicht beantwortet hatte.
Dabei ist die Zeit knapp. Um die Mannschaft kennenzulernen, hatte Hoeneß nur eine echte Einheit vor der Partie in Nürnberg. Am Spieltag steht nur noch eine Aktivierung an. «Es gibt natürlich einen Plan. Es ist aber extrem wichtig, dass wir mit einem gewissen Schuss Pragmatismus an die Sache rangehen», sagte Hoeneß, der an die Qualität des Teams glaubt. «Dieses Spiel ist eine Riesenchance für uns als Club. Wir wollen dort einen nächsten Step in Richtung Berlin machen.» In der Hauptstadt findet am 3. Juni das Endspiel statt.
Ein weiteres – und wichtigeres – Ziel ist das Erreichen des Klassenverbleibs. Zwei Punkte beträgt der Rückstand des VfB auf den Relegationsplatz 16, jedoch schon fünf auf den rettenden 15. Rang. «Die Mannschaft hat Potenzial. Jetzt geht es darum, diese Potenziale auszuschöpfen, um gegen andere Mannschaften zu bestehen», sagte Hoeneß.
Dem neuen Coach kommt vor seiner ersten Prüfung zugute, dass er keine Ausfälle zu beklagen hat. Stürmer Serhou Guirassy kehrte nach überstandener Adduktorenverletzung schon beim 0:3 beim 1. FC Union Berlin am vorigen Wochenende zurück. Die Entschlossenheit des bislang besten VfB-Torschützen der Saison deckt sich mit der Ausstrahlung von Hoeneß. Für eine «Stimmungsumkehr» wolle er sorgen, kündigte der Trainer an. Die ist auch dringend nötig, wollen die Stuttgarter im Abstiegskampf bestehen.