Die riesigen Musikboxen, die beide Teams zur Europameisterschaft nach England mitgebracht haben, kamen schon bei wilden Kabinentänzen zum Einsatz. Im Viertelfinale wollen Deutschlands und Österreichs Fußballerinnen nun dem Gegner den Stecker ziehen.
«Es geht nicht darum, wer besser feiert, sondern wer auf dem Platz besser spielt», betonte DFB-Abwehrspielerin Sara Doorsoun vor dem emotionalen Nachbarschaftsduell am 21. Juli (21.00 Uhr/ARD und DAZN) im Brentford Community Stadium.
Ein Duell «Herz gegen Herz»
Auf ein Duell «Herz gegen Herz», wie es Joti Chatzialexiou als Leiter Nationalmannschaften beim Deutschen Fußball-Bund nennt, freut sich der Rekord-Europameister. «Das ist ein Derby, das wird sehr leidenschaftlich. Aber – und das ist unser Selbstverständnis und so sind wir ins Turnier gegangen: Wir entscheiden auch im Viertelfinale, wer als Sieger vom Platz geht.»
Die makellose Vorrundenbilanz und vor allem die Mentalität lassen Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg voller Vertrauen in ihr Team ins Spiel gehen. «Man hat gesehen, dass die Mannschaft unglaublich gut funktioniert, auch Spielerinnen, die von der Bank kommen, hinter einem stehen. Es macht unfassbar Spaß, mit so einem Spirit und Teamgeist aufzulaufen», sagte die 54-Jährige. «Ich bin sehr entspannt, weil ich mir sehr sicher bin, dass wir eine gute Leistung bringen. Wenn wir sofort wach sind, da sind, dann sind wir einfach gut.»
Voss-Tecklenburg: «Das wird kein Spaziergang»
Aber auch die Österreicherinnen «werden laufen bis zum Umfallen», warnte Kapitänin Alexandra Popp, die in jedem Vorrundenspiel ein Tor erzielt hat. Die 31-Jährige vom VfL Wolfsburg könnte wieder von Anfang an auflaufen. Wobei Torjägerin Lea Schüller vom FC Bayern München das Abschlusstraining absolvierte, nachdem sie wegen eines positiven Corona-Tests fast eine Woche lang im Mannschaftshotel isoliert war. Manchmal können man «ja auch den inneren Schweinhund ganz gut überwinden, dann spielt vielleicht nicht die Fitness eine Rolle, sondern der Wille. Und dass sie einen großen Willen hat, steht außer Frage», sagte Voss-Tecklenburg.
Ins Team zurückkehren werden auf jeden Fall die zuletzt gelbgesperrten Wolfsburgerinnen Lena Oberdorf und Felicitas Rauch. Wegen eines fiebrigen Infekts fehlt aber Ersatzkeeperin Almuth Schult. «Das wird kein Spaziergang in irgendwelche Richtung», sagte Voss-Tecklenburg bei allem Optimismus.
Die verflixten Viertelfinals der jüngsten Historie sind Warnung genug für den zweimaligen Weltmeister und Olympiasieger von 2016: Bei der EM 2017 in den Niederlanden scheiterte die DFB-Auswahl auf dem Weg ins Halbfinale an Dänemark, bei der WM 2019 in Frankreich an Schweden. Und im Verband ist immer noch das 0:1 nach Verlängerung gegen den späteren Titelgewinner Japan bei der Heim-WM 2011 in Erinnerung, das den Gastgeber aus allen Träumen riss.
«Brennen auf das Spiel gegen Deutschland»
«Unsere Spielerinnen brennen auf das Spiel gegen Deutschland», sagte Österreichs Nationaltrainerin Irene Fuhrmann. «Wir werden kämpfen bis zum Schluss und uns für unser kleines Land aufopfern», kündigte Nicole Billa etwas martialisch an. Die Angreiferin von der TSG 1899 Hoffenheim war 2021 Bundesliga-Torschützenkönigin sowie «Fußballerin des Jahres» in Deutschland und Österreich und brachte ihr Team mit dem Tor gegen Norwegen ins Viertelfinale.
Danach hatten ihre Kolleginnen sogar ihren überdimensionalen Verstärker auf den Rasen gezogen und bei Rainhard Fendrichs «I am from Austria» («Ich bin aus Österreich») aufgedreht. 2017 standen Österreich Frauen im EM-Halbfinale, nachdem sie sich im Elfmeterschießen gegen Spanien durchgesetzt hatten. Auch da erzwangen sie dann gegen Dänemark bis zum Ende der Verlängerung ein 0:0, ehe sie vom Punkt scheiterten.
Gegen Deutschland wollen sie «mutig auftreten, nicht verstecken und das Spiel offen gestalten», sagte Sarah Zadrazil vom FC Bayern. Sie ist eine von 13 Spielerinnen aus der Bundesliga im Kader, dazu kommen Ehemalige wie die langjährige Münchnerin Carina Wenninger. Auch dieses Mal sind die Österreicherinnen für ein Elfmeterschießen gewappnet. Nationaltrainerin Fuhrmann berichtete von einem «Schwerpunkt mit unserer Sportpsychologin bezüglich des Themas».