Nach seiner ersten Herbstmeisterschaft in der Fußball-Bundesliga nimmt Julian Nagelsmann schon das nächste Ziel ins Visier.
Die magische Marke von 100 Toren plus x und den Münchner Saisonrekord von vor 50 Jahren zu knacken, würde ihn schon reizen. Das gab der Trainer des FC Bayern nach dem souveränen 5:0 (1:0) beim VfB Stuttgart unumwunden zu. «Ja, das würde etwas bedeuten», sagte er. «Es ist jetzt nichts, was ich jeden Tag aufs Plakat schreibe. Aber grundsätzlich sind Tore das Salz in der Suppe und das, warum Menschen ins Stadion gehen – hoffentlich bald wieder.»
Ausgeprägter Torhunger
52 Treffer haben die Bayern an den ersten 16 Spieltagen dieser Saison schon erzielt. Die bisherige Bundesliga-Bestmarke, die 1971/1972 von der damaligen Münchner Mannschaft aufgestellt wurde, liegt bei 101 Toren in einer gesamten Spielzeit. Machen die Bayern nach ihrer seit Dienstag feststehenden Herbstmeisterschaft auch am Freitag gegen den VfL Wolfsburg und ab Januar in der Rückrunde weiter wie bisher, könnte die Marke fallen.
Der Torhunger von Robert Lewandowski scheint jedenfalls ausgeprägt wie eh und je. 42 Treffer hat der Stürmerstar in diesem Kalenderjahr bereits erzielt und damit den bisherigen Rekord von Gerd Müller von 1972 eingestellt. Gegen die angeschlagenen Wolfsburger, die nun sechs Pflichtspielniederlagen in Serie kassiert haben und denen er 2015 einen historischen Fünferpack in neun Minuten eingeschenkt hatte, könnte der Pole noch nachlegen. Dazu hat sich Serge Gnabry mit gleich fünf Scorerpunkten in Stuttgart eindrucksvoll zurückgemeldet.
«Ich habe mir viel vorgenommen, nachdem ich zuletzt nicht so viel Einsatzzeit hatte. Ich war motiviert, dass es dann so ein Spiel wird, hätte ich mir auch nicht erträumt», sagte der Nationalspieler, nachdem er in seiner Heimatstadt drei Tore selbst erzielt und die anderen zwei von Lewandowski vorbereitet hatte. Wochenlang war der 26-Jährige angeschlagen. Bei seinem ersten Startelf-Einsatz seit dem 12. Spieltag war er nun Hauptdarsteller der großen Bayern-Gala.
Ein Sonderlob für Notnagel Marc Roca
Bei weitem nicht immer ging es beim deutschen Rekordmeister im Laufe dieser Hinrunde so leicht von der Hand wie in Stuttgart – da in der zweiten Halbzeit dann aber wie aus einem Guss. Wer nach dem mühsamen 2:1 gegen Mainz am Wochenende zuvor geglaubt hatte, die Bayern würden gebeutelt von ihren vielen personellen Ausfällen und womöglich erschöpft von der wochenlangen Impfdiskussion um Joshua Kimmich auf der letzten Rille Richtung Winterpause rollen, sah sich getäuscht.
Was zum einen an den überragenden Offensivstars Lewandowski und Gnabry lag, zum anderen aber auch an Notnagel Marc Roca. Weil neben Kimmich, der noch Lungenprobleme hat, auch die angeschlagenen Leon Goretzka, Marcel Sabitzer und Corentin Tolisso fehlten, durfte der Spanier im Mittelfeld erstmals seit zehn Monaten wieder von Beginn an ran – und verdiente sich ein Sonderlob von Coach Nagelsmann. «Ich liebe solche Spieler, die sehr selbstlos sind und dem Trainer aufzeigen, dass es offensichtlich ein Fehler war, ihn selten oder nahezu nie zu bringen. Da bin ich selbstkritisch genug», sagte der 34-Jährige.
Wohl dem, der solche Spieler in der Hinterhand hat. Auch mit Blick auf Kingsley Coman, der gegen den VfB einen Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel erlitten hat und die letzte Partie des Jahres verpassen wird. In Stuttgart wurde der Franzose nach einer knappen halben Stunde dann eben durch Nationalspieler Leroy Sané ersetzt.
Gerade mal eineinhalb Wochen ist es her, dass den Bayern in Dortmund der Sturz von der Liga-Spitze drohte. Seitdem haben sie Platz eins mit drei Siegen zementiert, vorzeitig ihren 25. Herbstmeister-Titel klargemacht – und mit dem Torrekord nun einen weiteren Meilenstein auf ihrer Agenda.