Julian Nagelsmann hatte nach dem Torfestival seines Teams doch glatt noch etwas zu bemängeln.
«Wir hatten noch die Chance auf das sechste, siebte oder achte Tor in der ersten Halbzeit», sagte Nagelsmann nach der 5:1 (5:0)-Machtdemonstration des FC Bayern München im einseitigen Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga bei Bayer Leverkusen.
Brillant, effektiv, gnadenlos: Dank einer laut Joshua Kimmich «gigantischen» ersten Halbzeit mit Toren innerhalb von 34 Minuten stürmte der Rekordmeister an Dortmund vorbei zurück an die Tabellenspitze und hat auf dem Weg zum zehnten Meistertitel in Serie mehr als ein Ausrufezeichen für die Konkurrenz gesetzt.
Überragende erste Halbzeit des FC Bayern
Die Münchner zeigten den zuvor hochgelobten jungen Wilden von Bayer um Jungstar Florian Wirtz nach fünf Siegen in Serie die Grenzen auf. «Wir waren nicht auf der Höhe, vor allem erste Halbzeit. Sie haben uns aufgezeigt, wieso sie die beste Mannschaft Deutschlands sind», sagte Bayer-Coach Gerardo Seoane bei DAZN.
Bereits nach etwas mehr als 180 Sekunden nahm die Offensivmaschinerie der Bayern Fahrt auf. Robert Lewandowski läutete das Torfestival in der 4. Minute ein und sorgte mit seinem zweiten Treffer (30.) quasi für die Vorentscheidung. Fast im Minutentakt trafen dann Thomas Müller (34.) sowie Serge Gnabry per Doppelpack (35./37.). Für Weltfußballer Lewandowski war die Sache zur Pause erledigt. «Nach 45 Minuten war klar, dass wir mit drei Punkten zurück nach München fahren», sagte Münchens Torjäger. Patrik Schick (55.) sorgte immerhin für etwas Leverkusener Jubel.
Bayer-Keeper Lukas Hradecky war bedient und froh, dass er nicht noch mehr Gegentore kassierte. «Wir müssen uns fragen, ob jeder alles gegeben hat», sagte der Finne, der wie seine Teamkollegen trotz der herben Pleite von den Fans gefeiert wurde. «Die Stimmung im Stadion haben wir heute nicht verdient», sagte Hradecky.
Nagelsmann gab der Startelf, die bei der ersten Saisonniederlage gegen Eintracht Frankfurt (1:2) vor der Länderspielpause auflief, die Chance auf Wiedergutmachung. In der stand auch Lucas Hernández. Ihm droht in Spanien eine Haftstrafe wegen der Missachtung eines Gerichtsurteils. Am Dienstag – dem Tag vor der Champions-League-Partie in Lissabon – muss der 25-jährige Franzose vor einem Strafgericht in Madrid erscheinen. Stand jetzt muss Hernández in den Tagen danach eine sechsmonatige Haftstrafe antreten.
Da es eine Privatsache von Hernández und ein juristische Verfahren sei, «denke ich, gibt es auch ein großes Verständnis, dass wir uns im Rahmen dieser Verfahren nicht äußern werden», sagte Münchens Vorstandsvorsitzender Oliver Kahn im DAZN-Interview.
Beide Mannschaften vor harten Wochen
Beiden Teams stehen nun anstrengende Zeiten mit sechs Spielen in den kommenden 20 beziehungsweise 21 Tagen bevor. Der FC Bayern geht gestärkt in die Champions-League-Partie bei Benfica Lissabon und danach ins Heimspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim am Samstag. Leverkusen stehen knackige Aufgaben in der Europa League am Donnerstag bei Betis Sevilla und am Sonntag beim 1. FC Köln bevor.
Beide Mannschaften gingen mit 16 Punkten auf Augenhöhe in den 8. Spieltag, ein Klassenunterschied offenbarte sich aber auf dem Feld. Die Bayern pressten bereits am Leverkusener Strafraum, die Bayer-Kicker hatten kaum Luft zum Atmen. Nach Lewandowkis Doppelpack nahm die Demütigung ihren Lauf.
Zwischen Müllers 3:0 und Gnabrys erstem Treffer lagen nur 67 Sekunden, sein zweites Tor markierte Gnabry dann 136 Sekunden später. «Es gibt keine Worte dafür. Man sitzt oben und hofft, dass es nicht schlimmer wird», sagte der einstige Bayer-Torjäger Stefan Kießling, jetzt Assistent von Sport-Geschäftsführer Rudi Völler.
Immerhin gelang Schick nach der Pause etwas Kosmetik, die Bayern hätten das eine oder andere Tor mehr machen können. Aber die vielen Wechsel störten auch den Spielfluss. Das Münchner Talent Jamal Musiala kam in der 64. Minute, Wirtz verließ mit hängenden Schultern in der 79. Minute auf Bayer-Seite das Feld.