Das Bild von Oliver Glasner, wie er einsam und nachdenklich auf der Bank im riesigen Olympiastadion kauerte, täuschte. Denn als Verlierer fühlte sich der scheidende Trainer von Eintracht Frankfurt nach der Niederlage im Pokalfinale gegen RB Leipzig wirklich nicht.
Noch in Berlin wollte Glasner «die Sau rauslassen» und damit einen gebührenden Abschluss für seine Zeit bei der Eintracht. «Wir feiern nicht die Niederlage, sondern die zwei Jahre. Ich habe mich bei den Spielern bedankt, dass sie mir zwei wunderbare Jahre in meinem Leben geschenkt haben. Ich werde die Gruppe immer in meinem Herzen tragen», sagte der Trainer.
Die Ankündigung, er werde «bis Montag durchfeiern», wirkte nach dem 0:2 in einem unspektakulären Pokalendspiel authentisch. Im Vorjahr war er mit seinem Trainerteam nach Mallorca gereist, um den Europa-League-Triumph ausgelassen mit Schlapphut am Ballermann zu feiern.
«Ich glaube, ich habe ganz gut aufgepasst»
Zum Ende seiner emotionalen Reise wirkte der 48-Jährige im riesigen Pressesaal aufgeräumt. Stolz schien trotz verpasster Titelchance den Frust zu überwiegen, Erleichterung die Tristesse. «Ich hoffe, ich finde ein paar Partner, die die nächsten zwei Tage richtig mit mir feiern», kündigte Glasner an. Ein paar habe er schon im Kopf.
Im Moment des Abschieds erzählte er eine Anekdote, wonach eine ältere Frau in Frankfurt ihm bei seinem Dienstantritt vor knapp zwei Jahren gebeten habe, gut auf die Eintracht aufzupassen. «Ich glaube, ich habe ganz gut aufgepasst. Jetzt werde ich Fan von Eintracht Frankfurt und sage: Passt mir bitte gut auf meine Eintracht auf. Ich werde die Daumen drücken, wenn die Eintracht spielt. Ich werde die beiden Jahre grandios in Erinnerung behalten», sagte der Coach.
Auch Sport-Vorstand Markus Krösche lobte Glasner. «Wir haben insgesamt eine sehr erfolgreiche Zeit zusammen gehabt. Wir sind Oliver für seine Arbeit sehr dankbar», sagte Krösche, der vor zwei Jahren gemeinsam mit dem Österreicher loslegte. In diese turbulente Zeit fiel nicht nur der von hunderttausenden Fans gefeierte Titel in der Europa League, sondern auch die Premiere in der Champions League sowie eine große Fußball-Nacht in Barcelona. Die letzte Krönung in Berlin blieb Glasner und Co. gegen den abgezockten Titelverteidiger aus Leipzig verwehrt.
Viel Arbeit für Eintracht Frankfurt im Sommer
Glasner versicherte glaubhaft, sich bislang nicht groß mit seiner Zukunft beschäftigt zu haben. Auch wenn er kurzzeitig von seinem Golf-Handicap sinnierte, wirkt er eher nicht ausgelaugt oder reif für eine Auszeit. Vor dem Anpfiff des Finals hatte er eine Frage auf den offenen Trainerposten bei Borussia Mönchengladbach ausweichend beantwortet. Sportlich wäre dies für Glasner, dessen erfolgreiche Zwei-Jahres-Engagements in Wolfsburg und Frankfurt nicht hauptsächlich wegen mangelnder Erfolge endeten, wohl ein Rückschritt. Die im März noch kolportierten Engagements bei Premier-League-Topclubs dürften es in diesem Sommer noch nicht werden.
Den Verein erwartet viel Arbeit in diesem Sommer. Die Frage nach einem Nachfolger dürfte die Eintracht schnell mit Dino Toppmöller, dessen Verpflichtung nur noch Formsache ist, beantworten. Der künftige Sportdirektor Timmo Hardung nannte den ehemaligen Assistenten von Julian Nagelsmann bereits «einen Weltklasse-Trainer». Doch das Trainerthema ist nicht die einzige offene Baustelle.
Conference League als Trostpreis
Frankfurt hat seit der WM-Pause eher wenige positive Schlagzeilen geschrieben. Vorstandssprecher Axel Hellmann stritt wochenlang mit Aufsichtsratschef Philip Holzer. Der scheidende Präsident Peter Fischer geriet wegen inzwischen eingestellter Ermittlungen medial in die Defensive und sprach öffentlich von einer Hetzkampagne. Dazu verlor der sonst eher besonnene Glasner mehrere Male auf dem Pressepodium die Nerven, was letztlich auch zu seiner Ablösung beitrug.
Ein weiterer Triumph samt Sause auf dem Römer hätte vieles vergessen lassen, doch so bleibt ein höchst durchwachsenes Halbjahr. «Wir haben in der Rückrunde leider nicht die Punkte geholt, die wir uns vorgenommen haben», ordnete Krösche ein. Statt Europa League geht es nun in den dritthöchsten europäischen Wettbewerb Conference League, was sportlich nach der jüngeren Vergangenheit eher einem Trostpreis gleicht.