Der Profi-Fußball und seine Stars bleiben in der Corona-Pandemie auch vor dem Rückrundenstart unterm Brennglas – erst recht nach Feiertags-Kurzurlauben von Profis an sonnigen Stränden, inklusive Quarantäne-Verlängerung.
Dabei wartet im kalten Deutschland längst schon die nächste heikle Phase auf alle in der Bundesliga. Die Omikron-Welle rollt. Cirka 50 Bundesliga-Spieler wurden über die Feiertage positiv getestet. Selbst die Frage nach einer erneuten Blase, um den Spielbetrieb aufrecht erhalten zu können, stellt sich. «Für mich wäre es keine Alternative», sagte Borussia Dortmunds Trainer Marco Rose. «Es würde mir im Herzen wehtun, wenn wir wieder zurück müssten in Zeiten des Lockdowns – wieder Dinge zumachen und wir komplett abgeschottet von allem wären.»
Danach sieht es vorerst nicht aus, auch wenn die meisten Spiele an diesem und an den kommenden Wochenenden vor gar keinen oder nur wenigen Zuschauern stattfinden dürfen. Die Frage ist aber: Was kommt noch auf Fußball-Deutschland zu, gerade auch wenn man in andere europäische Topligen wie der Premier League schaut?
Spiegel der Gesellschaft
Die vielen Corona-Fälle beim FC Bayern, die sogar das Rückrundenauftaktspiel an diesem Freitag infrage gestellt hatte, und bei anderen Teams könnten nur das Vorspiel sein. «Speziell die Bundesliga ist nur ein Spiegel dessen, was in der Gesellschaft passiert. Das Virus reitet jetzt im Galopp durch die Population», sagte Virologe Klaus Stöhr dem Sender Sky Sport.
«Natürlich sind in der Bundesliga junge, sportliche, hoch immune Personen. Und dann wird die Erkrankung auch weniger stark ausfallen. Aber man sollte sich hier gar keine Illusionen machen. Die Infektion wird an keinem vorbeigehen», sagte Stöhr.
Dass nun Nadiem Amiri von Bayer 04 Leverkusen positiv auf Corona getestet wurde, belegte auch für dessen Trainer Gerardo Seoane «was für eine enorme Herausforderung die Situation für uns und die Gesellschaft ist». Laut Seoane ist Amiri genesen, zweimal geimpft und geboostert.
Dynamische Corona-Lage
Deshalb bereiten sich alle mit Hochdruck auf die weiteren Eventualitäten in der seit nun rund zwei Jahren anhaltenden Pandemie vor – soweit das überhaupt möglich ist. Gesundheitsökonom Florian Kainzinger, der unter anderem die Profiligen im Fußball, Basketball und Eishockey bei der Entwicklung ihrer Hygienekonzepte berät, wollte sich auf dpa-Anfrage nicht äußern. Zu dynamisch sei die Lage.
Ein Problem ist vor allem die Quarantäne für Kontaktpersonen. Immerhin blieben Mannschaftsisolationen in der Fußball-Bundesliga im Vergleich zu Topligen anderer Ballsportarten eher eine Ausnahme. Letztlich entscheiden darüber die zuständigen Gesundheitsämter.
«Man hört es immer wieder, mal explodieren die Zahlen und dann auch innerhalb eines Clubs, auf einmal zwölf neue Infektionen, dann ist es schwierig, eine Mannschaft hinzubekommen», betont Trainer Urs Fischer vom 1. FC Union Berlin.
Reisen als Treiber
So wie es sogar bei den Bayern der Fall war. Als Treiber erwiesen sich die Ferienreisen der Spieler, die sich ansonsten in München aus Hygienegründen sogar in mehreren Kabinen umziehen und ihr Essen nur «to go» bekommen. «Es gibt nicht die Option, dass man nicht in Urlaub fahren darf», betonte Trainer Julian Nagelsmann und erinnerte auch an seine Corona-Infektion: «Ich war auch nur essen und habe mich infiziert. Das passiert.»
Heimurlauber Thomas Müller betonte im «Spieltagssiegerbesieger – Der Kickbase Podcast»: «Ich bin jetzt nicht zu Hause geblieben, weil ich irgendwas viel, viel besser machen wollte als meine Kollegen, sondern es ging darum, dass es mir zu anstrengend war.»
Vorwürfe an der Reisetätigkeit der hochbezahlten Profis wollten auch Verantwortliche anderer Vereine nicht erheben, im Gegenteil. «Es ist nicht so, dass man sich in Deutschland nicht infiziert», sagte Domenico Tedesco. Der neue Coach von Vizemeister RB Leipzig ergänzte: «Wir haben Spieler, deren Familien im Ausland sind. Da ist es menschlich, den Jungs das zu ermöglichen.»
Kritik von Eberl
Die Spieler seien auch Menschen, die ihren Freiraum haben müssten und dürften, erklärte Gladbachs Manager Max Eberl und konterte: «Ich möchte nicht wissen, wie viele Menschen über Weihnachten gereist sind.» Kritik am Reiseverhalten der Spieler findet er «an einem gewissen Punkt auch nicht mehr zu ertragen».
Nicht nur Eberl sieht den Profi-Fußball derzeit von politischer Seite aus am Corona-Pranger gestellt. «Viele Politiker haben den Fußball als Sündenbock genommen und darauf eingedroschen, dass Fußballspiele vor Zuschauern stattfinden und gesagt, dass das die große Sache sei, die die Pandemie befördert habe», sagte Sig Zelt, Sprecher der Fanvereinigung von ProFans. «Das halten wir schon für populistisch.»