Alles, was die Spieler von Borussia Dortmund in Wolfsburg an Klarheit und Entschlossenheit vermissen ließen, das holte ihr Sportdirektor später in der Interview-Zone nach.
Seine Mannschaft habe bei diesem 1:1 (1:0) in der Volkswagen Arena teilweise «arrogant» gespielt, sagte Sebastian Kehl. «Mir war an der einen oder anderen Stelle zu viel Hacke und Spitze dabei.» Man habe das ganze Spiel «ein bisschen laufen lassen».
Nun gibt es immer noch eine Menge Manager in der Fußball-Bundesliga, die mit Kehl und der Situation des BVB gern tauschen würden. Denn ganz nüchtern betrachtet, steht der Beinahe-Meister der vergangenen Saison nach einer enttäuschenden Vorrunde immer noch auf einem Champions-League-Platz und hat keines der sechs Spiele des neuen Jahres verloren.
«Das ist eine sehr positive Bilanz. Wir sind auf einem richtig guten Weg», sagte auch Kehl. Aber dass diese Mannschaft nicht beständiger an ihre Leistungsgrenze heranreicht, dass die Leistungen teilweise sogar innerhalb eines Spiels sehr stark schwanken: Das ist es, was den früheren Nationalspieler und BVB-Kapitän stört. Und deshalb fühlte es sich für alle so an, als wäre die Borussia nur drei Tage vor dem wichtigen Champions-League-Achtelfinale bei PSV Eindhoven (Dienstag, 21.00 Uhr/Prime Video) mal wieder ein wenige ausgebremst worden.
Niemand formulierte das in Wolfsburg so deutlich wie Kehl. Aber niemand widersprach dem 44-Jährigen auch. Das galt für den Trainer Edin Terzic («Wir sind weder mit dem Ergebnis noch mit der Leistung zufrieden»). Und auch für den Nationalspieler Nico Schlotterbeck («Rückschritt ist ein großes Wort. Aber natürlich können wir besser Fußball spielen»).
Unterbrechungen spielen BVB nicht in die Karten
Zur Geschichte dieses Nachmittags gehört auch, dass die zahlreichen kurzen Spielunterbrechungen wegen der Fan-Proteste gegen den geplanten Investoren-Einstieg bei der Deutschen Fußball Liga den BVB besonders trafen.
Der Favorit ging gegen kriselnde, aber äußerst bissige «Wölfe» früh durch Niclas Füllkrug in Führung (8. Minute). Und die Wolfsburger fassten gerade in der ersten Halbzeit mit jeder kurzen Pause und jeder Unterredung mit ihrem Trainer Niko Kovac weiteren Mut. Der Ausgleich durch Yannick Gerhardt (64. Minute) war verdient – und hätte in diesem Spiel auch schon deutlich früher fallen können.
BVB nun in Eindhoven gefordert
Das Champions-League-Spiel in Eindhoven hat für eine mitunter wankelmütige Mannschaft wie die Borussia nun auch eine gewisse Stolpergefahr. Denn in der Vorrunde ließ sie deutlich namhaftere und finanzstärkere Clubs wie Paris Saint-Germain, den AC Mailand und Newcastle United überraschend deutlich hinter sich. Zumindest auf dem Papier wirkt der Tabellenführer der niederländischen Eredivisie da wie der bislang dankbarste Gegner der gesamten internationalen Saison.
Davon möchte Kehl natürlich nichts wissen. «Wir haben viel dafür getan, in dieser schweren Gruppe die nächste Runde zu erreichen und haben uns das auch verdient», sagte er. «Wir wissen aber, dass Eindhoven eine sehr starke Mannschaft ist. Sie haben noch kein Spiel in diesem Jahr verloren. Das macht sie gerade zu Hause äußerst unangenehm. Wenn man in diesen beiden Spielen nicht performt, dann ist man raus. Wir brauchen zwei richtig gute Leistungen.»
Der einst für 30 Millionen Euro aus Eindhoven verpflichtete Donyell Malen fehlte dem BVB in Wolfsburg wegen Knieproblemen. Er soll aber bis zum Champions-League-Spiel gegen seinen Ex-Club wieder fit sein. Das ist aus Dortmunder Sicht die beste Nachricht eines ansonsten enttäuschenden Bundesliga-Nachmittags.