Als Serge Gnabry die deutsche Mittelstürmer-Debatte im Kellerraum des isländischen Nationalstadions Laugardalsvöllur für beendet erklärte, brandete Applaus auf.
Das heftige Klatschen aus einem Nebenraum galt zwar nicht den Worten des auch im DFB-Trikot wieder treffsicheren Bayern-Angreifers. Gnabry aber schmunzelte, wirkte es doch wie eine Bestätigung seiner Worte. «Die Diskussion brauchen wir nicht wieder zu entfachen», sagte der 26-Jährige über das zuletzt laute Wehklagen nach einem in der Nationalmannschaft fehlenden zentralen Angreifers vom Format eines Robert Lewandowski.
«Jede Mannschaft hat gerne einen Brecher. Aber wir haben viele Spieler, die offensiv gut sind und mit Timo und Leroy torgefährliche Spieler», sagte Gnabry über seine Sturmpartner Werner (25) und Sané (25). Sich selbst hatte er in der Aufzählung schlicht vergessen. Drei Tore steuerte Gnabry zum Neun-Punkte-Start von Bundestrainer Hansi Flick bei. Auch beim 4:0 auf Island sorgte er wie schon beim 6:0 gegen Armenien für die wichtige frühzeitige Führung.
Leichtigkeit wiedergefunden
Der bei der EM träge und gehemmt wirkende Gnabry hat unter seinem einstigen Münchner Club-Coach auch im Nationaltrikot die Leichtigkeit wiedergefunden. «Ich glaube, gerade machen wir die Kisten. Es ist nicht so, dass wir davor keine Chancen gehabt haben, da haben wir sie nicht gemacht», sagte Gnabry. Anders würden es Werner und Sané auch nicht ausdrücken.
Werner traf unter der Obhut des ihm enorm positiv gewogenen Flick in allen drei Spielen einmal in der Position des klassischen Neuners. Beim FC Chelsea werden ihm die Erfolgserlebnisse im Kampf um Einsatzzeiten mit dem belgischen Stoßstürmer Romelu Lukako helfen. Sané zeigte mit seinen beiden Toren, dass das Gerede einer Münchner Krise vielleicht öffentlich ein bisschen zu viel Bedeutung bekam.
Gewinner-Troika des Neustarts
Null Tore bei der EM, acht Tore unter Flick – der einst gepriesene Turbo-Sturm ist eine Gewinner-Troika des Neustarts. «Wir haben einfach versucht, die Art und Weise, wie wir Fußball spielen, ein bisschen anders zu interpretieren. Wir wollen Aktivität auf dem Platz haben», beschrieb Flick seine Interpretation eines dynamischen Offensivspiels, das den Angreifern Werner, Gnabry und Sané mit ihren hohen Endgeschwindigkeiten richtig entgegenkommt.
Nachlassen darf aber keiner, das machte Flick kurz nach Gnabrys Applaus-Ansprache noch in Reykjavik klar. «Wo wir uns verbessern müssen, ist die Präzision im letzten Pass, in der Entschlossenheit vor dem Tor», sagte Flick. «Es hätte das eine oder andere Tor mehr dabei sein können.»