Es klingt paradox: Der VfB Stuttgart hat vor dem letzten Spieltag der Fußball-Bundesliga drei Punkte weniger als Hertha BSC – und dennoch die entspanntere Ausgangsposition.
Die Schwaben können im finalen Dreikampf um den Klassenerhalt kommenden Samstag eigentlich nur noch gewinnen. Die Berliner, nachdem sie die vorzeitige Rettung verpasst haben, haben indes noch viel zu verlieren. Und Arminia Bielefeld als Tabellenvorletzter kann sich vermutlich noch so strecken, den drohenden Abstieg aber nur noch durch ein Wunder verhindern.
VfB, eine «Wundertüte»
«Wir haben einen Schritt gemacht gegen eine mögliche Relegation in einen möglichen fixen Klassenerhalt. Wenn irgendjemand so ein Ding schaffen kann, dann wir. Denn wir sind so eine gefühlte Wundertüte», sagte Stuttgarts Stürmer Sasa Kalajdzic nach dem überraschenden 2:2 beim deutschen Meister FC Bayern München am Sonntagabend. Es war der krönende Abschluss eines aus VfB-Sicht nahezu perfekten Wochenendes. Die Bielefelder Last-Minute-Niederlage beim VfL Bochum (1:2) und vor allem die Heimpleite der Hertha gegen den 1. FSV Mainz 05 (1:2) erhalten den Stuttgartern alle Chancen.
Der VfB, der sich bereits auf die Relegation eingestellt und sogar noch den Sturz auf einen direkten Abstiegsplatz gefürchtet hatte, hat plötzlich wieder den zum Ligaverbleib berechtigenden 15. Platz im Visier. Den belegt aktuell die Hertha. Die Berliner haben drei Zähler mehr als die Schwaben, aber die schlechtere Tordifferenz. Verlieren die Berliner am Samstag bei Borussia Dortmund, könnte Stuttgart mit einem Sieg gegen den 1. FC Köln noch vorbeiziehen. Bielefeld wiederum liegt drei Punkte hinter dem VfB. Um Stuttgart vom Relegationsrang zu verdrängen, müsste die Arminia auf einen Kölner Sieg hoffen, selbst gegen RB Leipzig gewinnen und dabei sieben Tore Rückstand aufholen.
«Der Optimismus kommt dann wieder, wenn das Spiel am Sonntag so gelaufen ist, dass wir noch eine Möglichkeit haben», hatte Bielefelds Interimscoach Marco Kostmann vor der Partie in München gesagt. Ein Sieg der Bayern hätte aber deutlich mehr Optimismus zurückgebracht.
Stuttgart muss «Hausaufgaben machen»
Der VfB geht die Rechenspiele indes nun deutlich gelassener an als vor wenigen Tagen, konzentriert sich dabei aber vor allem auf sich selbst. «Wenn wir drei Punkte holen, muss Hertha auch punkten gegen Dortmund», sagte Trainer Pellegrino Matarazzo. Wenn man gegen Köln punkte, brauche man zudem «nicht nach hinten zu schauen». Bevor der Blick auf Hertha gehe, müssten erstmal die eigenen «Hausaufgaben machen», betonte Sportdirektor Sven Mislintat. Der frühere Dortmunder Chefscout glaubt aber auch fest an Schützenhilfe seines Ex-Clubs.
«Ich bin mir sehr sicher, dass die Dortmunder das ernst nehmen werden», sagte Mislintat und ergänzte scherzhaft mit Blick auf seine BVB-Vergangenheit: «Ich hoffe nicht, dass noch Drähte glühen müssen.» Dortmunds Profis seien «absolute Sportsleute», so der 49-Jährige: «Sie werden alles geben und versuchen, das letzte Spiel vor eigenem Publikum zu gewinnen. Da mache ich mir keine Sorgen.» Zumal der BVB nach seiner Derby-Niederlage gegen Bochum (3:4) im vergangenen Heimspiel auf Wiedergutmachung aus sein dürfte.
Magath bereitet sich auf Relegation vor
Hertha-Trainer Magath scheint seiner Mannschaft beim Vizemeister jedenfalls nicht viel zuzutrauen. «Ich habe keine Ahnung wie Sie Fußball beurteilen. Wir spielen gegen den Tabellenzweiten, wir sind Tabellen-15.», raunzte der 68-Jährige unlängst einen Fragesteller an. «Als Profi, für den ich mich halte, bereite ich mich auf den schlechtesten Fall vor.» Heißt seit Samstagabend: die Relegation.
In der würde Stand jetzt der Hamburger SV warten. Der wäre sowohl für die Hertha als auch den VfB ein brisanter Gegner. Für die Berliner, weil Magath einst Spieler und Trainer in Hamburg war. Für Stuttgart, weil der HSV vom früheren VfB-Coach Tim Walter trainiert wird. Auch nach dem Liga-Finale geht es also spannend weiter. Nur: Für wen?