Das Chaos soll sich unter keinen Umständen wiederholen. Ausgerechnet beim wichtigsten Spiel des Jahres warfen verstörende Bilder von Tränengas und dicht gedrängten Menschenmassen einen großen Schatten auf das Hochglanzprodukt Champions League.
Vor dem diesjährigen Endspiel zwischen Manchester City und Inter Mailand am Samstag in Istanbul (21.00 Uhr/ZDF und DAZN) will die UEFA ihre Lektion aus den Geschehnissen von 2022 gelernt haben, wird dafür sogar von Fans gelobt. Ein anderes Problem dieser internationalen Saison hat die Europäische Fußball-Union dagegen noch nicht gelöst.
«Wir begleiten die Finalspiele ja schon seit Jahren und das ist auf jeden Fall bisher das beste Jahr, was die Vorbereitung und den Informationsaustausch angeht», sagt Martin Endemann von der Fanorganisation «Football Supporters Europe» der Deutschen Presse-Agentur. Anfang Mai hatte die UEFA Pläne für organisatorische Verbesserungen rund um ihre Finals vorgestellt. Dabei setzt sie unter anderem auf ein verändertes Eintrittskartensystem mit ausschließlich digitalen Tickets und kündigte an, Fans stärker miteinzubeziehen. «Ich habe den Eindruck, dass die UEFA aus den Vorkommnissen im letzten Jahr die richtigen Schlüsse gezogen hat», sagt Endemann.
Mehr als 230 Verletzte 2022
Mehr als 230 Menschen waren damals verletzt worden. Obwohl sie Eintrittskarten hatten, waren viele Fans nicht ins Stade de France in Saint-Denis gekommen. Die Begegnung zwischen dem FC Liverpool und Real Madrid (0:1) war mehr als eine halbe Stunde später als geplant angepfiffen worden. Einer unabhängigen Untersuchung zufolge trug die UEFA die Hauptverantwortung für das Zuschauerchaos.
Bei einem anderen Streitthema in internationalen Wettbewerben ist das anders. Nicht nur Fans von Eintracht Frankfurt ärgerten sich in dieser Saison über eine Entwicklung, die den europäischen Fußball nachhaltig verändern könnte. Anhänger der Hessen waren vom Achtelfinal-Rückspiel der Champions League beim SSC Neapel ausgeschlossen worden. Auch Fans des FC Basel und von Feyenoord Rotterdam durften ihre Mannschaften nicht zu internationalen Auswärtsspielen begleiten. Verantwortlich dafür waren lokale Behörden.
«Wir befürchten, dass das Schule machen könnte und auch andere Polizeidienststellen oder Innenministerien von diesem Mittel Gebrauch machen», sagt Endemann. Er spricht von einem «bedenklichen Trend, Auswärtsfahrten schwerer zu machen in internationalen Wettbewerben. Das erfüllt uns mit Sorge».
UEFA gefällt Fan-Ausschlüsse nicht
Den UEFA-Verantwortlichen gefällt die Entwicklung ebenfalls nicht. Auch für sie gehören Gästefans zum Fußball dazu. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin hatte vor dem Frankfurter Gastspiel in Neapel angekündigt, derartige Fan-Ausschlüsse in Zukunft nicht zu akzeptieren. «Wir müssen sagen, wenn so etwas passiert, wird dort nicht gespielt. Ganz einfach: Wir werden die Regeln ändern», sagte Ceferin dem ZDF. Ceferin hatte von einer untragbaren Situation gesprochen und gesagt: «Wir müssen dringend etwas dagegen tun, denn die Entscheidung der Behörden ist absolut nicht korrekt.»
Fans und deren Vertreter wie Martin Endemann begrüßen solche Aussagen natürlich. Endemann sagt aber auch: «An diesen Worten wird er sich in Zukunft messen lassen müssen.» Konkrete Veränderungen sind bislang nicht bekannt geworden. Die Europäische Fußball-Union äußerte sich auf dpa-Anfrage zu Ceferins-Aussagen und zum Stand der Entwicklungen nicht.
«Football Supporters Europe» ist mit der UEFA in Gesprächen. «Offensichtlich hat die UEFA bislang nicht die richtigen Maßnahmen und Regularien, um das zu regeln», sagt Endemann. «Das ist sicher etwas, was uns auch nächstes Jahr noch begleiten wird.»