Die Kinderaugen funkelten mit dem silbernen EM-Pokal um die Wette. Als die italienischen Fußball-Europameister in dieser Woche das Kinderkrankenhaus «Bambino Gesù» in Rom besuchten, rückte die WM-Qualifikation mit dem heiklen Duell gegen die Schweiz kurz in den Hintergrund.
Die Spieler machten mit den kleinen und großen Tifosi Erinnerungsbilder und überreichten der Klinik eine Nachbildung des EM-Pokals. Trainer Roberto Mancini bekam selbstgemalte Bilder geschenkt, auf einem stand der Spruch: «Auf dem Platz und im Leben, zusammen gewinnen wir das Spiel.»
Der Coach versprach, das kleine Plakat zur Motivation in die Kabine zu hängen. Vielleicht hilft es – am Freitagabend (20.45 Uhr) wird es nämlich brisant für die Italiener: Sollten die Azzurri das Spiel im Olympiastadion nämlich nicht gewinnen, droht sich ihr Weg zur Weltmeisterschaft in Katar 2022 zu verlängern und zu verkomplizieren. «Wir müssen ruhig bleiben», forderte der Coach. «Meist sind die Spiele gegen die Schweiz schwierig, aber wir dürfen nicht zu angespannt sein.»
Topspiel der Gruppe C
Zwei Aspekte sollte Mancini ausblenden: Zunächst die Tabelle. In der Gruppe C liegen Italien und die Schweiz mit 14 Punkten gleichauf an der Spitze. Verlieren die Gastgeber, dann müssten sie am letzten Spieltag schon auf eine Niederlage der Schweiz gegen Bulgarien hoffen und selbst in Nordirland gewinnen. Nur dann könnten sie sich noch den Gruppensieg und das direkte Katar-Ticket holen. Als Gruppenzweiter blühen die Playoffs. Bei einem Remis am Freitag käme es zum finalen Fernduell und womöglich auf die Tordifferenz an.
Und auch die Personallage gibt wenig Anlass zur Euphorie. Mancini muss unter anderen auf die drei erfahrenen Stammspieler Giorgio Chiellini, Marco Verratti und Ciro Immobile verzichten. Torjäger Immobile fällt wegen einer Muskelverletzung aus, bei Kapitän und Abwehrchef Chiellini wurde kein Grund angegeben. Beide waren vom Auswahl-Camp abgereist. Mittelfeldspieler Verratti war wegen einer Blessur an der Hüfte gar nicht erst angereist. Auch die Europameister Matteo Pessina, Alessandro Florenzi und Rafael Toloi fehlen.
Italiens Fußballer haben ein Talent dafür, nach großen Erfolgen in ein kleines Loch zu fallen. Weil die Azzurri in den ersten beiden Pflichtspielen nach dem EM-Triumph von Wembley Anfang September gegen Bulgarien (1:1) und in der Schweiz (0:0) nur remis spielten, geriet die sichere WM-Qualifikation in Gefahr. Manch ein Pessimist erinnert sich schon mit Grauen an die verpasste WM-Teilnahme 2018 zurück.
Gute Serie seit 1993
Im Stadio Olimpico von Rom sollen aber die Zweifel an dem direkten Ticket für die Winter-WM im nächsten Jahr in Katar verschwinden. Italien hat gegen die Eidgenossen seit 1993 nicht mehr verloren.
Diese wollen als Außenseiter überraschen, auch wenn unter anderen die Gladbacher Bundesliga-Profis Breel Embolo und Nico Elvedi, der frühere Frankfurter Haris Seferovic und auch Kapitän Granit Xhaka verletzt fehlen. Der ehemalige Mönchengladbach-Profi schickte ein Motivationsvideo an seine Auswahlkollegen. «Wir wissen, dass wir sie ärgern können, dass wir sie schlagen können. Gebt Gas!», sagte Xhaka. Trainer Murat Yakin meinte: «Wir haben nichts zu verlieren und können frisch aufspielen.» Das sieht bei den Italienern ganz anders aus.