Als Trainer Marco Rose seine Profis im Abschlusstraining vor dem wegweisenden Königsklassen-Spiel bei Schachtjor Donezk zusammenrief, setzte am Leipziger Cottaweg der Regen ein.
Das Wetter passte so gar nicht zur Stimmung bei RB Leipzig, wo die Spieler auch zu Beginn der fünften von sechs Englischen Wochen am Stück die Strapazen einfach weglachten. Das Anschwitzen vor dem entscheidenden Gruppenspiel wurde kurzerhand daheim in der Akademie absolviert, erst am Dienstagnachmittag ging es per Charterflug nach Warschau. «Das Energielevel ist hoch. Es ist Champions League und die Jungs wissen, um was es geht», sagte Trainer Marco Rose.
In der polnischen Hauptstadt geht es am Mittwoch (18.45 Uhr/DAZN) auch um zehn Millionen Euro für das Erreichen des Achtelfinals, doch in erster Linie um die Erfüllung einer unmöglichen Mission. Denn nach dem fatalen Start in die Gruppenphase mit zwei Niederlagen hatten sie beim Pokalsieger höchstens noch auf Gruppenplatz drei und den Trostpreis Europa League geschielt. «Seitdem hatten wir drei Endspiele, jetzt kommt das vierte. Warum sollte es nicht wieder klappen?», fragte Nationalspieler Timo Werner. Der Stürmer hatte mit Toren bei Celtic Glasgow und Real Madrid großen Anteil daran, dass man nun aus eigener Kraft auf Europas schillerndster Fußball-Bühne bleiben kann.
Ein Punkt genügt
Dafür genügt in dem wegen des russischen Angriffskriegs ins Legia-Stadion von Warschau verlegten Spiels gegen Donezk schon ein Punkt. Nach dem goldenen Oktober mit neun Spielen ohne Niederlage sollte dies formal auch Anfang November möglich sein. Wäre da nicht das Hinspiel, in dem sich Leipzig noch unter Rose-Vorgänger Domenico Tedesco vorführen ließ und sich im eigenen Stadion ein deftiges 1:4 abholte. «Sie verteidigen extrem fleißig und sind bereit zu leiden», analysierte Rose.
Eine gewisse Leidensfähigkeit ist aber auch seiner Mannschaft nicht abzusprechen. Schließlich spielt RB seit Anfang Oktober im Drei-Tages-Rhythmus und hat noch kein Spiel des Mammut-Programms vor der WM verloren. Die Erfolge und die nahe Winterpause Ende der nächsten Woche motivieren in der Phase zusätzlich. Es seien immer weniger Spiele und man habe die Ergebnisse im Rücken, betonte Rose.
Das Erreichen des Achtelfinales wäre für den neuen Coach auch so etwas wie die Auszeichnung zum Klassenbesten bei der Vergabe der Halbjahreszeugnisse. Seit seinem Antritt Anfang September hat er die Mannschaft stabilisiert, lässt sie wieder einen aufregenden Fußball spielen, hat das Achtelfinale des DFB-Pokals erreicht und rangiert in der Bundesliga schon auf Rang sechs.
«Uns erwartet ein schwieriges Spiel»
Und doch wird gegen Donezk nichts von selbst gehen, wie Rose betonte. «Uns erwartet ein schwieriges Spiel gegen einen sehr guten Gegner. Sie haben einen klaren Plan, eine gute Idee und sind mutig mit dem Ball. Das geht schon im eigenen Strafraum los», erklärte Rose. Und sie haben in Mychajlo Mudryk ein 21 Jahre altes Offensivtalent, das «ein Spiel allein entscheiden» kann. In Donezk halten sie sogar so viel von ihrem Juwel, dass Sportchef Darijo Srna kürzlich eine Ablösesumme jenseits der 100 Millionen Euro aufrief.
Mit Mudryk wird es in erster Linie Willi Orban zu tun bekommen. Der Leipziger Abwehrchef lässt sich von dem jungen Wilden jedoch nicht um den Schlaf bringen: «Die Spannung ist ein wenig höher, das tut uns gut. Wenn es um alles ging, haben wir immer eine gute Leistung gebracht.» Und den Grundstein für eine solide Geburtstagsfeier will der 29-Jährige legen. Orban feiert nämlich am Donnerstag seinen Ehrentag.
Die möglichen Aufstellungen:
Schachtjor Donezk: Trubin – Lucas Taylor, Bondar, Matwijenko, Mychailytschenko – Stepanenko – Petryak, Bondarenko, Sudakow, Mudryk – Traoré
RB Leipzig: Blaswich – Simakan, Orban, Diallo, Gvardiol – Schlager, Kampl – Szoboszlai, Forsberg – Nkunku, Werner
Schiedsrichter: Michael Oliver (England)