Die Zeit der Großveranstaltungen im Profisport läuft ein weiteres Mal ab.
Wegen der sich stets verschärfenden Corona-Lage herrscht in der Politik ein Konsens, volle Stadien schnellstmöglich zu untersagen und die Zuschauerkapazitäten in den Bundesligen wieder drastisch zu reduzieren. Vor der Telefonkonferenz von Bund und Ländern mit der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem designierten Nachfolger Olaf Scholz (SPD) am Dienstag (ab 13.00 Uhr) scheinen nur noch die Fragen offen: Wie schnell geht es? Und: Wie drastisch wird der Einschnitt?
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat für Bayern, wo Anfang des Monats noch 75.000 Fans in der vollbesetzten Münchner Arena waren, eine klare Ansage gemacht. Er will zu Geisterspielen zurückkehren. «Es macht auf absehbare Zeit keinen Sinn, wieder Zuschauer zuzulassen», sagte Söder am Dienstagmorgen dem Bayerischen Rundfunk. Das klingt auch nicht so, als ob nur ein engerer Zeitraum wie zum Beispiel bis Jahresende gemeint ist.
«Eine wichtige Forderung»
«Es ist eine wichtige Forderung, dass wir heute bundeseinheitlich beschließen, dass wir künftig keine Zuschauer mehr machen. Wenn das auf Bundesebene nicht funktioniert, würden wir das für Bayern allein machen», fügte Söder an. Im ebenfalls stark von der Pandemie betroffenen Sachsen gibt es schon Profisport ohne Publikum, Baden-Württemberg hat einen solchen Schritt angekündigt.
Fraglich ist, ob nach dem Frühjahr und Herbst 2020 ein drittes Mal bundesweit Geisterspiele kommen oder ob einzelne Bundesländer zumindest weiter reduzierte Kontingente anbieten. In der zweiten und dritten Welle der Pandemie vor gut einem Jahr war flächendeckend rund sechs Monate ohne Fans gespielt worden. Dann kamen schrittweise Lockerungen, im Spätsommer durften sich die Stadien wieder füllen.
Die Hoffnung, dass der Impffortschritt und strenge Einlassregeln wie beispielsweise 2G (Geimpfte und Genesene) dauerhaft Großevents ermöglichen könnten, hat sich nach den bevorstehenden Entscheidungen der Spitzenpolitik nicht bewahrheitet.
Meinungsbild ändert sich
Auch in Nordrhein-Westfalen, wo am Samstag noch 50.000 Menschen ohne Abstände und viele ohne Masken das Derby Köln gegen Gladbach sahen, hat sich das Meinungsbild verändert. Für Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) passen die Szenen von vollen Stadien und sich füllenden Intensivstationen in Deutschland nicht zusammen. «Und an solche Sachen werden wir auch rangehen», kündige Wüst in der ARD an. SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty sagte dem Deutschlandfunk, solche Großveranstaltungen dürfe es angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens nicht mehr geben.
Die bisherigen Unterschiede zwischen Geisterspielen (Sachsen) und Vollauslastung in anderen Bundesländern lässt merkwürdige Situationen entstehen. Der faire Wettbewerb wird angetastet, wenn manche Vereine vor leeren und andere Vereine vor vollen Rängen spielen. Zudem werden widersprüchliche Signale an die Bevölkerung gesendet. In Sachsen herrscht Ausnahmezustand, in Nordrhein-Westfalen ist die Welt soweit noch in Ordnung.
Dazu passt auch eine Mitteilung von Zweitligist Werder Bremen, der am Freitag (18.30 Uhr) gegen Erzgebirge Aue zwar 31.600 Zuschauer zulassen will, aber keine Menschen aus «Regionen mit hohen Inzidenzen». Gemeint seien damit vor allem die Bundesländer Sachsen, Thüringen und Bayern. «Auf Grundlage der zu erwartenden polizeilichen Verfügung müssen wir die Reisebewegungen von Werder-Fans, aber auch Anhängerinnen und Anhängern von Erzgebirge Aue aus den stark betroffenen Regionen vermeiden», sagte Vereinspräsident Hubertus Hess-Grunewald. Es ist eine Sorge, die die Politik schon in dieser Woche abräumen könnte.