Joachim Löw lächelte gerührt und winkte nach einem Handschlag mit jedem seiner Ex-Spielern Richtung Fans. «Jogi, Jogi, Jogi», skandierten die Zuschauer in Wolfsburg.
Gut vier Monate nach seinem letzten Spiel als Bundestrainer beim EM-Aus in England ist der Weltmeister-Coach von 2014 vom Deutschen Fußball-Bund verabschiedet worden. Löw erhielt von DFB-Interimspräsident Peter Peters eine Urkunde mit Weltmeister-Motiv. Ex-Weltmeister wie Lukas Podolski, Miroslav Klose und Per Mertesacker standen für ihren ehemaligen Bundestrainer Spalier.
Löw mit högschder Disziplin zum Weltmeistertrainer
Die 26.000 Zuschauer in der ausverkauften VW-Arena bedachten den 61-Jährigen vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Liechtenstein mit großem Applaus. Auf einem riesigen Transparent stand: «Herberger, Schön, Beckenbauer – Löw mit högschder Disziplin zum Weltmeistertrainer. Wir sagen….» und auf Pappschildern wurde dazu der Schriftzug «Danke, Jogi» gebildet. Auf der Video-Leinwand liefen besondere Szenen aus den 15 Jahren von Löw als DFB-Chefcoach.
«Nach so vielen Jahren und so einer langen Reise, musste ich natürlich Abstand gewinnen. Ich musste auch einiges verarbeiten. Das letzte Turnier war ja für uns alle ein bisschen enttäuschend. Von daher habe ich eine Weile gebraucht. Aber jetzt habe ich das Gefühl, dass es mir gut geht, und ich mich auf Fußball freue», sagte Löw bei RTL.
Löw hatte im März nach mehreren sportlichen Rückschlägen seinen Rücktritt angekündigt. Sein Assistent beim WM-Triumph vor gut sieben Jahren und frühere Erfolgscoach des FC Bayern, Hansi Flick, ist sein Nachfolger und hat die Nationalmannschaft souverän zur Qualifikation für die WM im kommenden Jahr in Katar geführt.
Seinen einstigen Chef und Förderer hatte Flick kürzlich als besten Bundestrainer in der DFB-Geschichte bezeichnet. Auch andere Fußball-Größen lobten Löw für seine Lebensleistung und seine Verdienste um den deutschen Fußball. «Er hat die Mannschaft wieder in frühere Höhen geführt und geht sicher als einer der erfolgreichsten Trainer in die Geschichte des DFB ein», sagte Franz Beckenbauer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Offener Brief an die Fans
In einem offenen Brief auf der DFB-Homepage wandte sich Löw noch an Fans und frühere Wegbegleiter. «Es war eine fantastische Zeit, für die ich unendlich dankbar bin», schrieb Löw: «Es gibt nichts Größeres und Schöneres, als im Sport sein Land vertreten zu dürfen. Wir haben nach Siegen zusammen gejubelt und haben uns nach Enttäuschungen und Niederlagen aufgebaut und getröstet. Und gemeinsam sind wir angekommen, wo wir immer hinwollten, wovon wir immer geträumt haben: Gemeinsam sind wir Weltmeister geworden.» Mit ein wenig Abstand schaue er «in viele Gesichter, die für großartige Erinnerungen stehen, für Begegnungen und Gespräche, die ich für immer in mir tragen werde».
Nach seinem letzten sportlichen Auftritt beim schmerzhaften 0:2 in Wembley – seinem 198. Länderspiel – hatte sich Rekordcoach Löw aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. In der Vorwoche lud ihn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einem Mittagessen ins Schloss Bellevue und lobte Löw als «Visionär». Flick hatte am Vortag des Liechtenstein-Spiels gesagt, dass er nach der Partie im Teamhotel noch gerne ein Glas Rotwein mit Löw genießen wolle.
Und womöglich sieht man sich irgendwann auf der Fußball-Bühne wieder. Denn Löw schließt ein Comeback im Fußball nicht aus. «Das ist durchaus vorstellbar. Nach so langer Zeit brauchte ich ein halbes Jahr oder vielleicht ein Jahr, um Abstand zu gewinnen und zu orientieren. Die Lust kommt allmählich zurück und die Motivation», sagte Löw. Als Fan werde er der Nationalmannschaft treu bleiben. «Danke für alles, Deutschland! Es war mir eine große Freude.»