Die Vorstellung von Fußball-Millionären, die kalt duschen müssen, passt exemplarisch in diese Zeit der großen deutschen Energiesorgen.
In diesem Fall sind es die Profis des FC Schalke 04, die gezwungenermaßen die Auswirkungen der drohenden Krise zu spüren bekommen, wenn im DFB-Pokal am Sonntag in Oldenburg auf Anordnung der Stadt wegen der Ferienzeit kein warmes Wasser fließt. Verschmerzbar, kein Problem, ein kleiner Beitrag. Die Wertung scheint einfach. Doch es wird viel mehr sein, was auf den Sport allgemein und auch den großen Fußball zukommt – in diesem Winter und wohl auch in den kommenden Jahren.
«Wo kann, wo muss der Sport sparen?»
Stromfressende Flutlichter und Rasenheizungen in den Fußball-Ligen, aber auch Hallenbäder und von Herbst an beheizte Hallen für den Amateursport – in Wochen, in denen über Notfallpläne zur Gaskonsum-Drosselung und Existenzängste wegen steigender Preise berichtet wird, wird diskutiert: Wo kann, wo muss auch der Sport sparen? Was ist wirklich nötig, was vermeintlicher Energiewohlstand?
Hans-Joachim Watzke scheint genervt von diesen Debatten. «Natürlich kann eine ernste Situation entstehen, dann muss man sie lösen, wenn sie da ist. Man muss sich auch vorbereiten, aber Panik im Vorfeld ist unangebracht. Panik medial zu hypen, ist unnötig», sagte der Aufsichtsratschef der Deutschen Fußball Liga im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Es hat sich auch noch niemand öffentlichkeitswirksam Gedanken darüber gemacht, wie man in den Vier- und Fünf-Sterne-Hotels der Republik vielleicht mal die Schwimmbäder abkühlt.» Es gehe «immer plakativ um den Fußball, auch in der Corona-Zeit war es so».
Nachhaltigkeitsforum im «Futurium» in Berlin
Im Berliner «Futurium» organisierte die DFL am Dienstag ihr erstes Nachhaltigkeitsforum. Die Herausforderung wurde erkannt, jetzt geht es um die Umsetzung. Bochums kaufmännischer Geschäftsführer Ilja Kaenzig sieht «schmerzhafte» Zeiten kommen. «Es wird ans Eingemachte gehen, an die Spielpläne, an Wettbewerbsformate, an Geschäftsmodelle», sagte er und nannte als Beispiel, dass nicht mehr nötig sein dürfe, «dass eine Mannschaft aus Island nach Kasachstan fliegt für 90 Minuten Fußball».
Was den Fußball treffen wird, besorgt den weiteren, weniger finanzkräftigen Sport umso mehr. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ging jüngst in die Offensive, verschickte ein Positionspapier an die Politik. «Der vereinsbasierte und gemeinwohlorientierte Sport ist wesentlich mehr als eine Freizeitaktivität», sagte Torsten Burmester als Vorstandsvorsitzender des Verbandes. Der Sport müsse als «unverzichtbarer Teil der sozialen Daseinsvorsorge» berücksichtigt werden, falls es im Winter wieder um die Schließung von Turnhallen und Sportstätten geht.
Der Dachverband wies auf seine eigene Verantwortung zum Energiesparen hin, forderte aber auch finanzielle Hilfen für Sportvereine. «Beitragserhöhungen sind keine Option, da die Vereinsmitglieder auch privat massiv von den Preissteigerungen betroffen sind», hieß es. Bund und Länder dürften die Kommunen mit den Energiepreissteigerungen nicht alleine lassen. Der Deutsche Städtetag hatte empfohlen, kurzfristig Hallenbäder (nicht Spaßbäder) zu schließen.
Der Profifußball könnte ausgerechnet von der WM in Katar Ende des Jahres profitieren, die deshalb nicht (noch) klimaunfreundlicher wird, weil sie von den Sommermonaten in den Spätherbst verlegt wurde. Das Runterkühlen der Stadien ist deshalb nicht mehr im selben Umfang nötig. In Deutschland pausieren die drei höchsten Ligen.
DFB: Aktionsspieltag für den Klimaschutz
«Der Fußball wird seine Hausaufgaben auch vor dem Hintergrund möglicher Szenarien in der kalten Jahreszeit selbstverständlich erledigen. Aber wir müssen nicht alles immer im Fokus der Öffentlichkeit machen», sagte Watzke. Beim Gipfel in Berlin grüßte Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, in einer Videobotschaft auch mit den Worten: «Der Fußball hat mit all seiner Strahlkraft (…) eine enorme gesellschaftliche Verantwortung.» Wenn er seiner Vorbildfunktion gerecht werden wolle, komme er nicht um das Thema Nachhaltigkeit herum.
Die DFL verkündete am Dienstag die Gründung einer «Kommission Nachhaltigkeit». Beim Deutschen Fußball-Bund wurde ein Aktionsspieltag für den Klimaschutz ausgerufen. Dann sollen zum Beispiel alle Spiele eine Minute später angepfiffen werden, das Zeitfenster soll für Durchsagen und Informationen zum Klimaschutz genutzt werden.
Im Fokus stehe «das gemeinsame Einsparen von Treibhausgasen», hieß es vom DFB zur geplanten Aktion, die an diesem Wochenende im DFB-Pokal beginnt. Manuel Hartmann, beim Verband für die 3. Liga zuständig, musste aber auch einräumen: «Wir können uns nicht die eigene wirtschaftliche Grundlage entziehen.» Und da hakt es noch.
Der VfB Oldenburg muss beispielsweise zur Erfüllung der Verbandsstatuten für jedes Drittliga-Spiel eine mobile Flutlichtanlage aufbauen – und nach Abpfiff wieder abbauen. Selbst bei Spielen, die tagsüber und im Hochsommer ausgetragen werden. Dass die Schalker im Marschweg-Stadion im Spiel beim (umgezogenen Bremer SV) kalt duschen müssen, wirkt deshalb skurril. Ein Flutlicht braucht bei vorhergesagten 23 Grad und herrlichem Sonnenschein de facto niemand.