Die zunehmenden Proteste und Rufe nach einer Neuabstimmung könnten den geplanten Einstieg eines milliardenschweren Investors bei der Deutschen Fußball Liga doch noch scheitern lassen. Nach dpa-Informationen wird sich das DFL-Präsidium in dieser Woche noch einmal eingehend mit dem laufenden Investorenprozess beschäftigen.
Laut Informationen der «Sport Bild» kommt das Führungsgremium am Mittwoch zusammen, um das weitere Vorgehen in der umstrittenen und seit Wochen heftig diskutierten Causa zu erörtern. Zudem soll es am 28. und 29. Februar zwei Info-Veranstaltungen mit den 36 Erst- und Zweitligisten und im März eine weitere Mitgliederversammlung geben.
Martin Kind, der Mehrheitsgesellschafter von Hannover 96, der bei der Anbahnung auf der Mitgliederversammlung am 11. Dezember des Vorjahres eine Hauptrolle spielte, glaubt nicht mehr an einen erfolgreichen Abschluss der laufenden Verhandlungen mit einem strategischen Partner. «Die werden alle abspringen», prophezeite Kind in einem am Sonntagabend ausgestrahlten Interview im «Sportclub» des NDR.
Ausgang völlig offen
Doch selbst, wenn der einzig verbliebene Kandidat CVC sein Angebot aufrecht hält, erscheint der Ausgang mittlerweile völlig offen. Denn der Gegenwind für die DFL nimmt nicht nur vonseiten der Fans, sondern auch aus den eigenen Reihen zu. Etliche Vereine plädierten zuletzt für eine Neuabstimmung, der sich selbst DFL-Präsidiumssprecher und Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke als klarer Befürworter des Deals nach Informationen der «Frankfurter Rundschau» nicht mehr verschließen will.
Ein offizieller Antrag, das DFL-Präsidium von dem auf der Mitgliederversammlung mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit erteilten Abschlussermessen zu entbinden, lag der DFL am Vormittag allerdings noch nicht vor. Dies teilte die Dachorganisation des deutschen Profi-Fußballs auf dpa-Anfrage mit.
Der 1. FC Köln hatte einen solchen Antrag angekündigt und in einem Schreiben an die DFL seine Beweggründe erörtert. «Auf keinen Fall sollten die derzeitigen Fanproteste längerfristig andauern oder sogar zunehmen», zitierte die «Frankfurter Rundschau» am Montag aus dem Brief. Mit einer neuerlichen Debatte aller Clubs mit den eigenen Mitgliedern und Fans sowie einer Neuabstimmung würde «der deutsche Profifußball über diesen Schulterschluss mit seiner Basis Respekt und Größe» dokumentieren.
Die DFL will für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen von einem Finanzinvestor eine Milliarde Euro kassieren. Bei der Abstimmung der 36 Proficlubs über den Deal war die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit nur knapp zustande gekommen. Aufgrund der umstrittenen Rolle von Hannover-Geschäftsführer Kind steht der Verdacht im Raum, dass bei dem Votum ein Verstoß gegen die 50+1-Regel vorgelegen haben könnte.
Kind selbst äußert sich nicht zu seinem Votum
Hannovers Vereinsführung hatte Kind angewiesen, gegen den Investoren-Einstieg zu stimmen. Das Abstimmungsergebnis und die öffentlichen Bekenntnisse von Antragsgegnern lassen jedoch darauf schließen, dass der 79-Jährige mit Ja gestimmt und dem DFL-Plan damit zur nötigen Mehrheit verholfen hat. Kind selbst äußert sich nicht zu seinem Votum. «Wie ich gestimmt habe, das weiß nur ich. Das weiß keiner, alles andere ist Spekulation, und deshalb lehne ich eine Diskussion um dieses Thema ab», beharrte er bei NDR Info.
Den Vereinen geht es bei ihrer Forderung nach einer Neuabstimmung vornehmlich um eine rechtliche Absicherung des Prozesses. «Diese Verdachtsmomente müssen vollständig ausgeräumt werden», hatte Kölns Sport-Geschäftsführer Christian Keller am Sonntag erneut bekräftigt. Es gehe in erster Linie darum, «für Rechtssicherheit und Akzeptanz zu sorgen.»
Die Fans hoffen dagegen auf ein endgültiges Aus der Investoren-Pläne, die im vergangenen Mai schon einmal gescheitert waren. Sollten die massiven Proteste und Störungen in den Bundesligastadien letztlich zu diesem Ergebnis führen, rechnet Kind mit einem Schaden für den deutschen Profi-Fußball. «Es hat nach meiner Befürchtung auch Auswirkungen auf die Verhandlungen der Fernsehverträge der Zukunft. Und auf Sponsoren», sagte der Mehrheitsgesellschafter des Zweitligisten. Scheitere der Einstieg eines Investors, sei dies eine Stagnation, sagte Kind. «Und Stagnation bedeutet auch immer Rückschritt.»