Wer nicht mehr in der ersten Reihe steht, ist gierig, mal wieder die große Bühne zu betreten.
Die Fußball-Zweitligisten 1. FC Nürnberg, Hamburger SV und FC Schalke 04 sowie Drittligist 1860 München als schillernde Traditionsvereine des deutschen Fußballs dürfen am Dienstag in der 2. DFB-Pokalrunde für Schlagzeilen sorgen. Und das gegeneinander! Wegen der miesen Kassenlage durch die schmerzhaften Corona-Einschnitte ist die Geldspritze von 515.000 Euro für das Erreichen des Achtelfinales eine heiß begehrte Extra-Einnahme für Zweit- und Drittligisten. Denn die erhalten aus dem TV-Topf deutlich weniger Gelder als die Bundesliga-Vereine.
Die Duelle des einstigen Fußball-Adels untereinander sind reizvoll: Nürnberg gegen den HSV (20.45 Uhr) und 1860 gegen Schalke (18.30 Uhr) stehen sich am Dienstag (Sky) gegenüber. Das lässt die Fans von glorreichen Zeiten schwärmen. Insbesondere das Duell der Franken (9x deutscher Meister, 4x Pokalsieger) mit den Norddeutschen (6x Meister, 3x Pokalsieger) verspricht einiges. Zumal Nürnberg in der 2. Liga als Vierter mit 21 Punkten drei Zähler und zwei Plätze vor dem HSV (18) rangiert und Favorit ist.
«Club» vs. HSV
«Es passt zurzeit gut zusammen», sagt der ehemalige HSV-Trainer und jetzige FCN-Sportvorstand Dieter Hecking der «Bild»-Zeitung. Vor einem Monat standen sich beide Teams im Volksparkstadion gegenüber und trennten sich 2:2. Ihre letzte von 64 Bundesliga-Begegnungen liegt schon mehr als sieben Jahre zurück.
Seit dem neunten Gang in die Zweitklassigkeit hat sich der 1. FCN den zweifelhaften Ruhm verdient, Rekordabsteiger zu sein. In dieser Saison weisen die Zeichen aber in eine bessere Zukunft. Der «Club» ist das einzige Zweitligateam ohne Niederlage und verfügt bei lediglich sieben Gegentoren über ein Abwehrbollwerk. «Wir haben wirklich Respekt vor ihnen», gesteht HSV-Sportvorstand Jonas Boldt.
Die Rotation im Tor der Franken ist bitter für Stammkeeper Christian Mathenia. Ausgerechnet gegen seinen Ex-Verein HSV, bei dem er von 2016 bis 2018 zwischen den Pfosten stand, muss er Platz machen für Carl Klaus. «Er ist dran und hat sich das verdient», sagte Trainer Robert Klauß über den Ersatzkeeper. Nach dem jüngsten 4:0 im Punktspiel gegen Heidenheim will Klauß «die Euphorie mitnehmen».
1860 vs. Schalke
Im anderen Traditionsduell ist die Favoritenrolle klar verteilt. Schalke 04 als ranghöheres Team mit einem starken Lauf (vier Siege in Serie und 9:0 Tore) trifft auf den TSV 1860 mit Problemen. Der Drittligist nimmt als Remiskönig (8) nur Platz 16 unmittelbar vor der Abstiegszone ein. Das Lieblingsresultat dieser Saison – siebenmal 1:1 – wird im Pokal aber nicht reichen.
Schalke, siebenmaliger Meister und fünfmaliger Pokalsieger, ist hungrig auf das Achtelfinale. «Es muss unser Anspruch sein weiterzukommen», sagte Trainer Dimitrios Grammozis, äußerte jedoch höflichen Respekt vor dem Rivalen: «1860 ist ein großer Tanker. Ein Traditionsverein, der es verdient, in der Bundesliga oder in der 2. Liga zu spielen. Ich erwarte einen echten Pokalfight.»
Die Münchner Löwen, deutscher Meister von 1966 und zweimaliger Pokalsieger, sitzen nun schon seit vier Jahren in der 3. Liga fest. Die letzten Festtage im Oberhaus des deutschen Vereinsfußballs liegen bereits 22 Jahre zurück. Da käme ein Überraschungserfolg gegen Schalke gerade recht, um auch in der blassen Meisterschaft die Kurve zu kriegen. «Wir wollen Pokal-Geschichte schreiben. Über unser Heimpublikum und das Stadion können wir es schaffen», sagte Trainer Michael Köllner und beschreibt den Pokal als einen Wettbewerb, «in dem wir bundesweit auf uns aufmerksam machen können. Es ist anders als in der dritten Liga.»