Wie löst der DFB die komplizierte Trainerfrage bei den Frauen? Wer besetzt den neuen Posten des Sportdirektors? Und wie lange macht Kapitänin Alexandra Popp weiter? Die deutschen Fußballerinnen haben mit dem 4:0 gegen Island in der Nations League zwar ihre Olympia-Chancen gewahrt, sind aber mehr denn je eine Großbaustelle. Ex-Weltmeisterin Nia Künzer mahnte Popp zu einer klaren Aussage und nimmt auch den Verband in die Pflicht.
«Es ist ganz entscheidend, dass jetzt nicht nur die Olympischen Spiele im Fokus stehen, sondern strategische Entscheidungen auf dem Weg zur EM 2025 in der Schweiz getroffen werden. Das muss jetzt zeitnah angegangen werden», sagte die 43-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.
Die wiedererstarkten Spielerinnen machten jedenfalls am Dienstagabend in Bochum klar, dass Schluss mit dem Schwebezustand um die erkrankte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg sein muss. «Es ist jetzt an der Zeit, dass eine Entscheidung getroffen wird und Klarheit besteht», sagte Lena Lattwein vom VfL Wolfsburg. «Es ist für uns keine schöne Situation, dass man keine Gewissheit hat.» Ähnlich äußerten sich Torhüterin Merle Frohms und Popp, sie kündigte an: «Wir werden in den Austausch mit dem DFB gehen.»
Viel Raum für Spekulationen
Deutschlands Fußballerin des Jahres selbst lässt viel Raum für Spekulationen, was ihre persönliche Zukunft im Nationalteam angeht. Immerhin sagte die 32-jährige Wolfsburgerin auf die Frage, ob sie in den beiden Spielen am 27. Oktober in Sinsheim gegen Wales und am 31. Oktober in Island noch dabei sein werde: «Ich denke.» Im ZDF antwortete sie auf die Frage, ob es ihr letztes Länderspiel gewesen sei: «Wir haben jetzt ein Spiel gewonnen, aber ich glaube, dass wir noch nicht eine gewisse Klarheit und Sicherheit in der Mannschaft haben, um schon Tschüss zu sagen.»
Popp hatte vergangene Woche – wie bereits nach der EM 2022 in England – Rücktrittsgedanken geäußert. Künzer, die Deutschland 2003 in den USA mit ihrem Golden Goal im Finale zum WM-Titel geschossen hatte und über viele Jahre Fußball-Expertin bei der ARD war, forderte die Torjägerin am Mittwoch auf, sich eindeutig über deren Zukunft in der DFB-Auswahl zu äußern. «Ich würde mir wünschen, dass Alex für etwas mehr Klarheit sorgt und zum Beispiel sagt: Ich mache bis zur Euro weiter. Mit einem klaren Statement könnte sie auch dazu beitragen, dass mehr Ruhe einkehrt», sagte die Ex-Frankfurterin.
In der Trainer- und Sportdirektoren-Frage wird beim Deutschen Fußball-Bund, dessen neuer Geschäftsführer in Bochum auf der Tribüne saß, eine baldige Entscheidung erwartet. Eine Rückkehr Voss-Tecklenburgs auf den Posten gilt als unwahrscheinlich. Ihre Stellvertreterin Britta Carlson berichtete, dass sie Voss-Tecklenburg per Textnachrichten auf dem Laufenden halte, aber keinen telefonischen Kontakt habe.
Komplexe Situation
«Ich weiß nicht, wie es ihr momentan geht. Wir haben die Info, es geht ihr nicht gut. Es kann auch noch etwas dauern, bis sie zurückkommt – wenn sie zurückkommt», sagte Lattwein. Voss-Tecklenburg hat sich bislang nicht zu ihrem Gesundheitszustand geäußert. Der Verband hatte am 8. September, gut vier Wochen nach dem WM-Vorrunden-Aus in Australien, über deren Krankheit informiert. Der Vertrag der 55-Jährigen ist bis zur EM 2025 gültig – dies und der Kündigungsschutz im Krankheitsfall macht die Sache für den DFB so komplex.
Als möglicher Kandidat für den Trainerposten bei den Vize-Europameisterinnen gilt einem «Bild»-Bericht zufolge der frühere deutsche U21-Nationalcoach Stefan Kuntz, zuletzt türkischer Nationaltrainer. «Grundsätzlich geht es um Qualität und Erfahrung. Da muss man gut überlegen, ob man jemanden nimmt, der gar nicht im Frauenfußball tätig war», sagte Künzer. Dies hatte der DFB in der Krise schon einmal getan: Horst Hrubsch wurde 2018 interimsmäßig Chefcoach, als sich der Verband von Steffi Jones trennte.
Der DFB kommentierte den Bericht über Kuntz nicht weiter. «Dazu habe ich keine Info», sagte eine Sprecherin. Neben der Trainerfrage beschäftigt den DFB auch, wer den neuen Posten des Sportdirektors für die Frauen besetzt. Hier ist Ralf Kellermann, seit vielen Jahren erfolgreicher Sportchef bei den Wolfsburger Frauen, im Gespräch. «Ich glaube, dass ihn die Aufgabe reizt, wenn er gefragt wird. Für ihn wäre das ein nächster Schritt», sagte Künzer.