Roberto De Zerbi kann eines nicht: Große Titel als Spieler oder als Trainer vorweisen. Zweimal rumänischer Meister und einmal Pokalsieger mit dem CFR Cluj – die Bilanz als Profi-Kicker ist überschaubar. Als Trainer sind es kaum mehr Meriten: Superpokalsieger mit Schachtar Donezk und Pokalsieger der Serie C in Italien mit Foggia Calcio. Mehr nicht.
Und doch ist De Zerbi der, über den Fußball-Europa spricht. Geht der Italiener als Nachfolger des hochdekorierten, aber in München gescheiterten Thomas Tuchel zum FC Bayern? Wechselt der aktuelle Coach des Premier-League-Clubs Brighton & Hove Albion zum FC Liverpool und übernimmt den Posten von Reds-Liebling Jürgen Klopp an der Anfield Road? Oder beim FC Barcelona oder – wer weiß – vielleicht auch dem FC Chelsea oder Manchester United, wie die britische «Daily Mail» jüngst spekulierte.
Auch Real Madrid muss planen
Roberto De Zerbi ist nach dem Bekenntnis von Xabi Alonso zu Bayer Leverkusen auch über diese (Meister)-Saison hinaus so etwas wie die Königsfigur geworden. Einige von Europas größten und traditionsreichsten Clubs müssen auf jeden Fall den Posten als Chefcoach neu besetzen in diesem Sommer. Auch der FC Barcelona, sollte sich Vereinsikone Xavi Hernandez nicht doch zum Rücktritt vom angekündigten Rückritt entschließen.
Immerhin haben sie beim Erzrivalen Real Madrid noch ein bisschen Bedenkzeit, Star-Coach Carlo Ancelotti verlängerte seinen Vertrag bis Ende Juni 2026. Allerdings könnte eine Trainer-Rochade namhaften Ausmaßes in diesem Sommer potenzielle Kandidaten bei den Königlichen erst einmal von der Angebotspalette nehmen. Gute Planung ist alles.
De Zerbi ist da in einer ziemlich komfortablen Situation, sein Vertrag bei Brighton & Hove Albion ist bis Mitte 2026 gültig, er ist erst 44 Jahre alt und begehrt. Selbst wenn derzeit nicht nur namhafte Clubs auf der Suche, sondern auch Trainer wie Zinedine Zidane oder José Mourinho frei auf dem Markt sind und bisweilen auch von Experten oder anderen mit den Münchner Bayern in Verbindung gebracht wurden.
«Ich habe ihm gesagt, dass er die Fußball-Welt einfach weiter auf den Kopf stellen soll», berichtete Klopp bei der BBC jüngst über die herzliche Umarmung nach dem 2:1 der Liverpooler über De Zerbis Brighton & Hove Albion. «Ich werde es mir aus der Entfernung anschauen. Ich habe so viel Respekt vor dem, was er leistet.» Klopp gönnt sich nach neun Jahren Liverpool erst einmal eine Auszeit. Er dürfte spätestens in gut einem Jahr wieder auf dem Markt sein.
De Zerbis Visitenkarte: Mit Brighton in der Europa League
De Zerbi übernahm Brighton im September 2022 und führte die Mannschaft als Sechster – einen Platz hinter Liverpool – in den internationalen Wettbewerb. In der Europa League überstand Brighton & Hove Albion die Gruppenphase nicht nur, sondern zog mit vier Siegen aus sechs Spielen vor Olympique Marseille und Ajax Amsterdam sowie AEK Athen in die K.o.-Runde ein. Dort scheiterte De Zerbi in dieser Saison erst an der AS Rom.
Aktuell belegt das Team, das namhafte Abgänge wie den des argentinischen Weltmeisters Alexis Mac Allister im vergangenen Sommer verkraften und eine Vielzahl Verletzter kompensieren musste, den neunten Platz in der Premier League mit der erneuten Option auf die internationalen Ränge. «Um nächstes Jahr in Brighton zu arbeiten, brauche ich nicht für ein oder zwei weitere Jahre zu verlängern. Das ändert nichts», sagte De Zerbi am Wochenende. «Im Moment haben wir die Gespräche über den Vertrag beendet, aber nicht, weil ich schon entschieden hätte zu gehen, nein, nein.»
United-Legende Keane äußert Bedenken
De Zerbi, der den Durchbruch als Teenager bei der AC Mailand nicht geschafft hatte, mit Cluj 2010 aber sogar zweimal in der Champions League gegen die Bayern spielte (und beide Partien verlor), dürfte sehen wollen, welche Möglichkeiten ihm der Club geben kann. Bei derartigen Interessenten kein Wunder. Der ehemalige Mittelfeldspieler bevorzugt als Trainer Angriffs- und Ballbesitz-Fußball. «Seine Mannschaften spielen einen herrlichen Fußball», lobte Manchester Uniteds Legende Roy Keane. Doch äußerte die irische Fußball-Ikone auch Bedenken: «Wenn ich mir seinen Lebenslauf anschaue, kommen Fragezeichen, ob er schon bereit ist für den nächsten Schritt.»