Zumindest für kurze Zeit schlüpfte Steffen Tigges in die Rolle als Haaland-Double. In ähnlicher Manier wie der verletzte Norweger sorgte der Dortmunder Aushilfstürmer beim glücklichen 2:0 (1:0) über den 1. FC Köln für die Entscheidung und ließ sich für seinen ersten Bundesligatreffer von der bebenden Südtribüne feiern.
Der von der Statur mit Haaland vergleichbare 1,93 Meter große Tigges konnte sein Glück kaum fassen. «Ich kriege das Strahlen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Mein Handy vibriert sich sicher bald vom Tisch», sagte er voller Erwartung auf die vielen Gratulanten am Telefon.
Mit einem Kopfball in der 64. Minute nur kurz nach seiner Einwechslung beförderte sich der U23-Spieler aus der Namenlosigkeit der 3. Liga in das Bundesliga-Rampenlicht. «Vor der Südtribüne mein erstes Tor zu schießen, hätte ich mir vor zwei Jahren noch nicht ausgemalt», schwärmte der 23-Jährige. Dass er sich seinen «Kindheitstraum» ausgerechnet gegen den Verein erfüllte, der ihn noch im vergangenen Sommer verpflichten wollte, machte das Ganze noch schlagzeilenträchtiger. Warum der BVB das Angebot der Kölner ablehnte, erläuterte Trainer Marco Rose umgehend: «Wir sind überzeugt, dass Steffen bei uns am richtigen Ort ist. Er ist ein Typ, der Erling noch am besten ersetzen kann.»
Rose hofft auf weiter Tigges-Treffer
Der Fußball-Lehrer ist guter Dinge, dass Tigges auch in den kommenden Wochen ohne den verletzten Haaland als möglicher Ersatz funktioniert: «Ich hoffe, dass ihn das Tor richtig nach vorne bringt und wir ihn in Dortmund noch weiter entwickeln können.» Ein bisschen neidisch wirkte Gäste-Coach Steffen Baumgart schon, als er seinen Dortmunder Kollegen und Kumpel Rose für dessen Veto bei den Verhandlungen um Tigges rügte: «Du hast ihn mir nicht gegeben.»
Torschützen wie Tigges und Thorgan Hazard (40.) ist es zu verdanken, dass die Borussia auch ohne Haaland in der Spur bleibt. Mit beachtlichen 24 Punkten nach zehn Spieltagen festigte sie den zweiten Rang hinter Tabellenführer FC Bayern. Nur zweimal gab es zum Vergleichszeitpunkt eine bessere Bilanz mit jeweils 25 Punkten – zuletzt 2013/14. «Ein Punkt hinter den Bayern nach zehn Spieltagen, damit können wir zufrieden sein», befand Lizenzspielerchef Sebastian Kehl am Sonntag beim TV-Sender Bild.
Rose-Kompliment an sein Team
Angesichts der bisher formidablen Ausbeute sah Trainer Rose über die spielerischen Mängel seines Teams im Duell mit Köln großzügig hinweg und erinnerte an das Fehlen von immerhin neun angeschlagenen Profis: «Wenn man sieht, wer alles ausfällt, muss ich meiner Mannschaft ein großes Kompliment machen. Wie wir es in dieser nicht einfachen Phase schaffen, Punkte zu sammeln und im Pokal weiter zu kommen.» Ähnlich sah es der künftige Sportdirektor Kehl: «Wir schlängeln uns durch diese Situation durch. Und ich bin davon überzeugt, dass wir noch stabiler werden, wenn alle wieder an Bord sind.»
Als Mutmacher für die avisierte Champions-League-Revanche am Mittwoch gegen Ajax Amsterdam zwei Wochen nach dem peinlichen 0:4 im Hinspiel taugte der sechste Sieg im sechsten Bundesliga-Heimspiel aber nur bedingt. Schließlich lagen die Kölner bei den Torschüssen (19:7) und beim Ballbesitz (56 Prozent) vorn. «Wir sind viel gelaufen. Aber bei allem, was mit dem Ball passiert ist, war der FC die bessere Mannschaft. Deshalb sind wir sehr happy mit dem Sieg», bekannte Rose.
Weniger Grund zur Zufriedenheit hatte FC-Coach Baumgart. Doch der Stolz auf die starke Vorstellung seines Teams tröstete ihn über den Frust nach zuletzt nur einem Punkt aus drei Bundesliga-Spielen hinweg. Die vielen Verweise auf gewonnene Spielstatistiken konterte er jedoch mit der für ihn bekannten Schlagfertigkeit: «Aber die Hauptstatistik haben wir nicht gewonnen – 0:2.» Trotz des jüngsten negativen Trends sieht er sein Team jedoch auf «einem sehr guten Weg». «Ich hoffe aber, dass die Ergebnisse wieder besser werden», sagte Baumgart.