Thomas Letsch war selbst überrascht. «Ich habe getanzt?», fragte der Trainer des VfL Bochum mit Blick auf seinen Jubel nach einem Treffer beim 3:2 (1:1)-Sieg gegen den FC Augsburg.
Offenbar war Letsch gar nicht bewusst, wie sehr er seine Freude herausgelassen hat. «Es geht um den Klassenerhalt. Ob du 1. oder 2. Bundesliga spielst, ist ein Riesen-Unterschied. Da fällt schon was ab», erklärte er: «Aber nächstes Mal halte ich mich zurück. Wenn mein Tanzen so komisch ist, lass’ ich das sein.»
Wie groß die Anspannung vor dem gefühlten Endspiel gegen den FCA war, verriet Letsch auch. Das Spiel des Konkurrenten Hertha BSC beim 1. FC Köln habe er sich «bewusst nicht angeschaut. Ich bin lieber ins Kino gegangen, damit ich nichts mitkriege.» Seine Wahl war auf «Air: Der große Wurf» gefallen, einen Film über Basketball-Superstar Michael Jordan: «War gut», sagte Letsch lachend.
Enger Tabellenkeller
Das Wochenende zeigte aber erbarmungslos auf, wie eng es im Tabellenkeller der Fußball-Bundesliga zugeht. Während der Berliner Führung in Köln waren die Bochumer in der Live-Tabelle auf den letzten Platz abgerutscht – diese Kunde blieb Letsch erspart, er erfuhr nur das Endergebnis von 2:5 aus Hertha-Sicht. Durch den eigenen Sieg vom Samstag sprangen die Bochumer nun mindestens für einen Tag auf den am Saisonende rettenden Platz 15 und fahren zwei Spieltage vor Saisonende mit sechs Punkten Vorsprung zur Hertha.
Das Berliner Spiel in Köln werde er sich auf jeden Fall zur Gegner-Vorbereitung ansehen, versicherte Letsch. Live zuschauen wollte er nicht wegen der Erfahrung in der Vorwoche. Da hatte er gesehen, wie Konkurrent FC Schalke 04 in Mainz durch einen Elfmeter in der zwölften Minute der Nachspielzeit mit 3:2 gewann. «Und danach habe ich katastrophal geschlafen», sagte der Trainer: «Das wollte ich mir nicht nochmal antun.»
Worauf er sich derzeit verlassen kann, ist die Widerstandsfähigkeit seiner Mannschaft. Die «Unabsteigbaren» wie in den 1980er-Jahren sind die Bochumer noch nicht, aber aktuell sind sie auf jeden Fall die Unverwüstlichen. «Es zieht sich durch ganze Saison, dass die Mannschaft sich durch Rückschläge nicht aus der Bahn werfen lässt», stellte Letsch zufrieden fest. Als er kam, hatte sein Team einen Punkt nach sieben Spielen. Auch nach der 0:2-Heimniederlage gegen Schalke Anfang März «waren wir von allen schon abgeschrieben», erinnerte sich der Trainer. Und nach dem 0:2 in der Vorwoche in Mönchengladbach nach schwacher Leistung und dann sechs Spielen ohne Sieg herrschte erneut Untergangsstimmung. «Und wieder haben wir eine Reaktion gezeigt», sagte der Trainer erfreut.
Glück erarbeitet
Obwohl der Sieg verdient war, war freilich auch etwas Glück dabei. Ein Blitztor von Christopher Antwi-Adjei nach 91 Sekunden, ein Eigentor von Augsburgs Kapitän Jeffrey Gouweleeuw (60.) und ein abgefälschter Schuss von Bochums Spielführer Anthony Losillla (62.) sorgten für die Treffer. «Aber das Quäntchen Glück kommt nie von alleine», betonte Letsch: «Das haben wir uns erarbeitet.»
Ausgsburgs Trainer Enrico Maaßen war dagegen «schon verärgert», dass die vorzeitige Rettung trotz des zwischenzeitlichen 1:1 von Arne Maier (29.) und dem ersten Bundesliga-Treffer von Kelvin Yeboah (85.), dem Neffen des früheren Bundesliga-Torschützenkönigs Anthony Yeboah, nicht gelungen ist. «Wir wussten: Wenn wir irgendwas mitnehmen, ist es das gewesen», sagte Maaßen: «Aber wir haben nicht genug geleistet, um Ansprüche stellen zu können. Und jetzt haben wir mit Dortmund und Gladbach noch zwei richtige Bretter.»